Rezension

Tiefenanalyse familiärer Beziehungen

Ein falsches Wort
von Vigdis Hjorth

Bewertet mit 4 Sternen

Der Roman "Ein falsches Wort" wirft einen tiefen Blick in die zerrütteten Beziehungen innerhalb einer Familie. Die Protagonistin Bergljot hat seit 23 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und hat stattdessen eine unterstützende Wahlfamilie um sich herum aufgebaut. Als Konflikte um das Erbe ihrer Eltern entstehen und ihr Vater stirbt, werden alte Wunden aufgerissen, und Bergljots Familie sucht wieder Kontakt. Doch die Gründe für ihren Bruch werden nicht anerkannt, was zu einer komplexen und emotionalen Auseinandersetzung führt.

Der Plot des Romans ist nicht handlungsgetrieben, sondern konzentriert sich auf Bergljots innere Reflexionen, die anfangs einen gewissen Kreislauf zu bilden scheinen und oft beklemmend sind. Dennoch zog mich die Geschichte in ihren Bann, als die Gründe für Bergljots Distanz zur Familie deutlicher wurden. Gefallen haben mir auch die Verweise auf Freud, Jung und verschiedene Schriftsteller:innen, die die Erzählung bereichern und zum Nachdenken anregen. 

Die Autorin schafft es in diesem Roman, komplexe emotionale Dynamiken aufzuzeigen und den Leser dazu zu bringen, über die Bedeutung von Familie und persönlicher Identität nachzudenken. Auch wenn nicht in allen Familien traumatische Ereignisse der Ausgangspunkt für Trauer, Wut und Enttäuschung sind, bin ich sicher, dass fast alle Leser:innen Teile ihrer eigenen Familiengeschichte in Bergljots Gedanken wiederfinden werden. Dies war sicher nicht der letzte Roman, den ich von der Autorin gelesen habe!