Rezension

Übers Ziel hinausgeschossen

1813 - Kriegsfeuer - Sabine Ebert

1813 - Kriegsfeuer
von Sabine Ebert

Bewertet mit 3 Sternen

Inhalt:

Irgendwo bei Leipzig im Jahre 1813: Napoleons Truppen durchziehen die deutschen Lande, immer noch getrieben von ihrem ehrgeizigen Kaiser, Europa zu beherrschen. Doch der Widerstand formiert sich und die Alliierten, bestehend aus Preußen, Österreich und Russland, ziehen immer wieder gegen Napoleon ins Feld - bis zur entscheidenden Schlacht bei Leipzig im Oktober 1813 ...

Meinung:

Da hat sich Autorin Sabine Ebert wahrhaftig viel vorgenommen! Sie versucht ein umfassendes Bild der Kriegswirren von 1813 aus den verschiedensten Blickwinkeln der Beteiligten zu zeichnen und beginnt dabei im März 1813, um im Oktober mit der Völkerschlacht bei Leipzig zu einem (vorläufigen) Höhepunkt und Ende zu gelangen.

Was mir am Schluss des langen (Hör-)Buches geblieben ist? Von allem irgendwie zu viel: zu viele Figuren, zu viele Namen, Dörfer, militärische Ränge, Ortswechsel, Blickwinkel ... Uff, ich bin froh, dass ich am Ende angelangt bin, so leid es mir tut, das zu sagen.

Ich bin der Meinung, Frau Ebert hat sich übernommen, sie wollte mit dem Roman einfach zu viel. Sie springt in ihrer Erzählung von Figur zu Figur, von Ort zu Ort, und kaum hat sich der Leser an einen Charakter gewöhnt, kann es passieren, dass er sang- und klanglos verschwindet und nur noch am Rande erwähnt wird. Die einzig wirklich durchgängige "Protagonistin" ist die junge Henriette, die vor den Gefechten in ihrer Heimatstadt nach Freiberg zu ihren Verwandten flieht und dort die französische Einquartierung und die unzähligen Verwundeten der Schlachten aus dem Umfeld ertragen muss. Ihre Szenen, Gedanken und Erlebnisse fand ich auch am spannendsten, weil Henriette dem Leser einen Einblick in die "normale Bürgerseele" während dieser Zeit gibt. Neben Henriette finden sich aber noch dutzende weiterer point of views, und keiner davon ist wirklich durchgängig. Mal kommt ein einfacher Soldat zu Wort, mal irgendein Kommandant, ein Verleger aus Leipzig, zwei Jungen, die ausbüchsen, um den Krieg zu erleben, Adlige, der König von Sachsen, Napoleon und und und ... Teilweise liest bzw. hört sich der Roman wie ein Geschichtsbuch mit all den Daten, Orten und Fakten.

Schade, hier wäre sicherlich weniger mehr gewesen! Wenn die Autorin sich auf eine Handvoll Figuren aus den unterschiedlichen Ständen/sozialen Schichten konzentriert hätte, könnte man der Geschichte wohl leichter folgen. So ist leider ein Gewirr von Eindrücken entstanden, das mich kaum zu fesseln und mal an einer Stelle halten konnte. Lesefluss ist bei mir kaum entstanden.

Was nicht heißen soll, dass Sabine Ebert kein lebendiges Bild der damaligen Begebenheiten heraufbeschwören kann! Besonders das Elend der Bevölkerung, der unfassbar vielen Soldaten, Verwundeten, Toten, die Unsicherheit der Menschen in und um Leipzig, das Schachern der "Großen" um Vorteile und Grenzerweiterungen - das alles hat mich mit voller Wucht getroffen und mich dazu veranlasst, mehr über Napoleon und die Neuordnung Europas zu erfahren! Ein ganz wichtiges Stück Geschichte!

Fazit:

Spannende Zeit, spannende Geschichte, aber leider angesichts der Fülle an Figuren, Orten Perspektiven übers Ziel hinausgeschossen.

3 von 5 Sternen