Rezension

Unfassbar traurig, unfassbar schön

Bilder deiner großen Liebe
von Wolfgang Herrndorf

Bewertet mit 5 Sternen

„Bilder deiner großen Liebe“ ist der letzte, unvollendete Roman von Wolfgang Herrndorf, an dem er bis kurz vor seinem Tod arbeitete. Hauptperson ist Isa, das „Müllmädchen“ aus Herrndorfs Bestseller „Tschick“. Isa ist 14 Jahre alt und entflieht einer Anstalt. Isa ist verrückt. Woran genau sie leidet, ist nicht ganz klar, fest steht, dass sie die Welt anders als die meisten anderen Menschen wahrnimmt.

Wie auch „Tschick“ ist „Bilder deiner großen Liebe“ eine Art Roadmovie in Buchform.

Düstere Version vom „Der kleine Prinz“

Isa begegnet den unterschiedlichsten Menschen auf ihrer ziellose Reise, guten wie bösen.

Sie trifft auf einen Schiffer, der ihr seine abenteuerliche Lebensgeschichte erzählt. Sie unterhält sich mit einem taubstummen Jungen. Sie trifft auf einen Alkoholiker. Schließlich trifft sie auch auf Tschick und Maik Klingenberg.

Ein wenig erinnert mich die Geschichte an „Der kleine Prinz“. Eindringliche, kleine Szenen und Bilder, die sich um das Leben und den Tod drehen. Eine unvergleichliche, einfache Sprache, die aber im Gegensatz zum „Kleinen Prinzen“ eine Menge nicht zitierbarer Flüche enthält...

Es ist ein unfassbar trauriges Buch. Eines der schönsten Bücher, die ich gelesen habe.

Und kaum hat man angefangen zu lesen, bricht es ab, nach schon 140 Seiten, was einem wirklich einen Stich versetzt.

Ein Glück, dass dieses Fragment doch veröffentlicht wurde! Lange Zeit hat sich Herrndorf gegen die Veröffentlichung von Fragmenten gesträubt und hat wohl erst kurz vor seinem Tod einer Veröffentlichung zugestimmt.

Wahnsinnig schöne Sätze und Szenen

Hier einfach ein Zitat, das zeigt, warum dieses Buch so unglaublich ist. In diesem Buch sind einfach irre schöne Sätze. 

„Die Wärme des Tages ist im Gras. Ich liege auf dem Rücken. Weiß umrandete Wolken ziehen vor dem Mond vorbei. Ich stelle mir vor, jemand sieht mich von oben, aber niemand sieht mich. Dabei liege ich so malerisch. Das glaube ich, und ich fühle mich so wohl und so tot und wie ein aufgestauter Fluss, über den in der Nacht immer wieder einmal der Wind geht.“