Rezension

Verletzungen der Vergangenheit

Unvergessen wie der Wind am Gipfel
von Susan Clarks

Bewertet mit 4 Sternen

„…Nichts und niemand auf dieser Welt könnte mich dazu bringen, mit  dir auf diesen Berg zu steigen…“

 

Drei junge Leute, Bill und seine kleine Schwester Joan sowie Matt, steigen auf einen Berg, 4000 m hoch. Sie sind in Freundschaft miteinander verbunden.

Nun sind 15 Jahre vergangen. Es ist der Tag von Bills Beerdigung. Joan und Matt stehen sich nach langer Zeit wieder gegenüber. Die Überraschung kommt mit Bills Testament. Er bittet Matt und Joan, nochmals den Berg ihrer Jugend zu besteigen und dort eine Asche zu verstreuen.

Die Protagonisten sind sehr gut charakterisiert.

Joan trauert um ihren Bruder und kann die Verletzungen, die ihr Matt einst zufügte, nicht vergessen.

Ihr Verlobter Dylon ist sehr besorgt um sie. Matt beobachtet er mit misstrauischen Augen.

Matt ist ein Einzelgänger. Er hat Bill verlassen, als dessen Diagnose bekannt wurde.

Während der Vorbereitung der Bergbesteigung gibt mir die Autorin Einblick in das Geschehen der Vergangenheit. Wenn sich so nach und nach das Puzzle zusammensetzt, relativiert sich die Einschätzung von Matt. Im Hintergrund aber wirkt noch immer der Einfluss von Bill. Seine Art, unvoreingenommen und hilfsbereit auf seinen nächsten zuzugehen, war für Matt an einer entscheidenden Stelle seines Lebens Halt und Hilfe.

Das Buch lässt sich gut lesen. Die Autorin hat viel Wert auf die genaue Beschreibung von Orten und Personen gelegt. Nur Joans Reaktionen konnte ich nicht immer logisch nachvollziehen.  

Gut ausgefeilt ist der Sprachstil. Matts Freundin, reich und verwöhnt, benimmt sich genauso zickig, wie man es erwartet. Auch Joans Trauer um ihren Bruder und die nicht vergessene Verletzung werden überzeugend vermittelt. Matt ist der interessanteste Charakter des Romans. Seine Widersprüchlichkeit und innere Zerrissenheit wird deutlich herausgearbeitet.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist eher ein leises Buch. Schweigen geht vor Reden. Dadurch werden die Konflikte nicht verarbeitet, sondern verinnerlicht. Die Aufarbeitung hätte etwas ausführlicher sein können.