Rezension

Verstörender Einblick in eine streng religiöse Gemeinde

Der rechte Pfad -

Der rechte Pfad
von Astrid Sozio

Bewertet mit 4 Sternen

Der Hauptprotagonist Benjamin kehrt in „Der rechte Pfad“ nach Jahrzehnten zurück zu seinem Vater in ein Dorf im Sauerland mit einer streng religiösen Gemeinde. Dort hatte er als Kind und Jugendlicher seine Ferien verbracht. Nach einem Ereignis auf einem Weihnachtsmarkt, bei dem eine Person stirbt und für das sich Benjamin die Schuld gibt, kommt er ins Dorf zurück, um das Erlebte zu verarbeiten. In seiner Jugend kam seine Jugendliebe Hanna bei einem tragischen Ereignis ums Leben, weshalb er den Ort seitdem gemieden hat. Nun muss er beide Schicksalsschläge aufarbeiten und sieht sich gleichzeitig mit den strengen Regeln und dem immer stärkeren Rechtsruck der Gemeinde konfrontiert.

Das Buch hat mich noch länger beschäftigt. Die Autorin beschreibt die Gewalt, den religiösen Fanatismus und die rechten Tendenzen so eindringlich, dass ich beim Lesen ständig das Gefühl hatte, als wäre die nächste Katastrophe nicht weit. Benjamin dagegen scheint manchmal nicht wirklich begreifen zu wollen, wie sich seine Kindheitsfreunde mittlerweile verändert haben. Er nimmt viele Geschehnisse einfach hin oder ignoriert sie, ohne richtig darauf zu reagieren.

Die Erzählung wechselt zwischen der Gegenwart und Benjamins Jugendzeit vor 25 Jahren. Die einzelnen Charaktere werden teilweise im Dialekt bzw. mit ihren sprachlichen Eigenheiten dargestellt, was einen einerseits noch mehr in die Geschichte zieht, andererseits die Lesbarkeit erschwert. Gerade die Haushälterin seines Vaters ist hier ein Extrembeispiel. Dennoch hat mich das Buch schnell in seinen Bann gezogen, allein weil man das teilweise seltsame Verhalten der Dorfbewohner nachvollziehen möchte.

Ich hatte beim Lesen oft das Gefühl, etwas zwischen den Zeilen finden zu müssen, was ich aber nicht finden konnte. Einige Aspekte wie Benjamins familiäre Situation und das distanzierte Verhalten seines Vaters bleiben ungeklärt. Positiv fand ich die Thematisierung von Homosexualität, die in der Gemeinde natürlich absolut tabu ist. Insgesamt bietet das Buch einen erschreckenden Einblick in eine fundamentalistische Gemeinde und ist durchaus fesselnd!