Rezension

Voller Phantastik und Märchenhaftem, aber auch sehr düster

Das Labyrinth des Fauns
von Cornelia Funke Guillermo Del Toro

Bewertet mit 4 Sternen

Zunächst einmal muss ich einfach loswerden, wie wunderwunderschön dieses Buch ist! Als das Buch bei mir ankam, war ich schockverliebt. Schon allein, weil der Umschlag so viele tolle Veredelungen hat. Glanzlack, Hervorhebungen, wo der Baumbogen überspannt, und auch oft Metallic-Effekte, nämlich auf der Schrift und dem Mond. Auch ansonsten gibt es auf diesem Cover sehr viel optisch zu entdecken. Dieser das Buch quasi einrahmende Baum, der mit dem Gesicht oben in der Mitte wirklich spooky aussieht. Das Mädchen, Ofelia, sowie das Labyrinth, auf und der Mond, vor dem sie steht. Die Fee, die herumschwirrt. Und als Silhouetten vier Figuren, deren Bedeutung einem erst durch das Lesen der Geschichte klar werden. Man könnte vielleicht sagen, dass zu viele Elemente auf dem Umschlag zu sehen sind, aber ich fand es gar nicht mal überladen. Stattdessen war es spannend, die kleinen Figuren zu entdecken! Sehr geliebt habe ich auch die Illustrationen im Innenteil des Buches. Ich meine, sind sie nicht einfach wunderschön? Und dabei lassen sie das Buch auch gar nicht kindlich wirken, denn die Bilder sind erwachsen genug (ich nenne das jetzt einfach mal so), auch mal mit etwas gruseligeren Motiven.

Schon allein deswegen ist "Das Labyrinth des Fauns" einfach ein Buch, das man im Regal stehen haben muss.

Zum ersten Mal bin ich über Instagram über diesen Jugendroman gestolpert. Und war direkt ein wenig verwirrt, weil mir die Thematik verdächtig bekannt vorkam. Und tatsächlich fand ich kurz darauf heraus, dass es sich bei "Das Labyrinth des Fauns" um die Buchadaption des Filmes "Pan's Labyrinth" handelt, einem Film, den ich vor Jahren gesehen habe und der mich auch wirklich begeistern konnte. Selbst wenn es mir mehrmals kalt den Rücken runterlief, weil es nunmal ein Horrorfilm ist, der creepy Figuren – und zudem grausame Menschen – beherbergt. Und so war meine Neugierde geweckt, da ich sonst eigentlich nur die andere Reihenfolge kenne: Erst kommt das Buch, dann der Film.

Als ich das Buch dann anfing zu lesen, war ich innerhalb weniger Tage durch. Was zwar zum Einen am wunderbaren Schreibstil Cornelia Funkes lag, aber ehrlicherweise auch an der niedrigen Seitenzahl. Gerade mal ein bisschen was über 300 Seiten ist nunmal nicht viel, vor allem wenn viele dieser Seiten eine Illustration beherbergen, weiß sind, oder nur ein Satz daraufsteht. Dann geht das Lesen schonmal fix.

Doch worum geht es eigentlich in "Das Labyrinth des Fauns"? Es ist die Geschichte von Ofelia, einem jungen Mädchen, das im Spanien 1944 mit ihrer Mutter zu einem Stützpunkt zieht, an dem ihr Stiefvater Rebellen des Systems jagt. In dem umliegenden Wald finden sich allerdings nicht bloß die Rebellen, sondern auch magische Wesen wie Feen und ein Faun, ein Märchen das von einer verschwundenen Prinzessin erzählt, die vor Jahrhunderten aus dem unterirdischen Reich reiste und nicht mehr zurückkehrte. Die magischen Wesen sind nun davon überzeugt, in Ofelia die Wiedergeburt dieser Prinzessin gefunden zu haben, was dazu führt, dass das Mädchen in diese phantastische Welt hineingezogen wird und einen Hoffnungsschimmer in dieser düsteren, brutalen Welt aufschnappt. Der Jugendroman ist aber auch eine Geschichte des Spaniens zu dieser Zeit, von einer Rebellion. Darüber, was er aus Menschen hervorholt, sowohl das Gute als auch das Schlechte. Und so werden die phantastischen Elemente mit den realen verwoben, wobei ich mir immer unsicher war, welchen Part ich spannender finden soll oder schockierender.

Unheimlich interessant fand ich ebendiese Verwebung. So war die Geschichte unterteilt in mehrere Teile und zum Anfang jedes Teils gab es einen kleinen, märchenhaften Einschub, der ein Stück Vorgeschichte erzählte. Und diese Vorgeschichtchen wirkten zwar sehr phantastisch, waren aber immer auch mit dem aktuellen Geschehen verknüpft. Auf diesem Wege erfuhr man außerdem noch ein bisschen Zusätzliches, etwas, an das zumindest ich mich nicht mehr aus dem Film erinnern konnte.

Die Atmosphäre des Buches war angemessen düster. In der Leserunde, an der ich teilnahm, wurde oft kritisiert, der Roman wäre zu jung angesetzt, sollte lieber an Ältere gerichtet sein, das er teils schon explizit brutal wird. Ich kann das teilweise nachvollziehen. Besonders hinsichtlich der realistischen Storyline gibt es Momente, in denen Grausamkeiten beschrieben werden, bei denen es mir kalt den Rücken runterlief. Das ist schon nicht ohne. Auch wenn ich mir denke, dass das ganz einfach jeder für sich selbst entscheiden muss, ob die Geschichte etwas für ihn ist. Die Horrorelemente hingegen, die mir aus dem Film gruselig in Erinnerung geblieben sind, waren hier fast ein wenig schwach. Da hat mir der spooky Faktor gefehlt, der mich nachts wachhalten würde.

Aber außer diesem Fakt kann man dem Autorenduo nicht viel zum Thema Schreibstil vorwerfen. An mancher Stelle hätte genauer beschrieben werden können, eine gruseligere Atmosphäre aufgebaut werden können. So war sie nun einmal düster und als solche auf jeden Fall trotzdem gut. Vor allem konnte ich mir alles super vorstellen und bei den Passagen, die aus Ofelias Sicht geschrieben wurden, nahm ich dem Buch ab, die Sicht einer Elfjährigen zu vertreten.

Was jedoch auch ein wenig zu viel war, waren die häufigen Sprünge in der Sichtweise. Meistens wird aus Sicht Ofelias, Mercedes' oder Vidals erzählt, unterbrochen auch mal von kleineren Charakteren. Und ich fand es super, dass zum Beispiel auch der Bösewicht Einblick in seinen Kopf gewährte. Nur gab es keine wirklichen Begrenzungen, wann welche perspektive nun dran war. Die Übergänge waren fließend. Im einen Moment hörte man noch Ofelias Gedanken, im nächsten schon Vidals. Das ging teilweise schon recht schnell und wurde somit ein wenig unübersichtlich.

Von den verschiedenen Sichtweisen komme ich nun passenderweise zu den Charakteren und die waren auch ungemein interessant. Wie schon gesagt nahm ich Ofelia das Alter von 11 Jahren gut ab, auch wenn das bedeutete, dass sie oft etwas naiv wirkte oder ich sie aufgrund ihrer Kindlichkeit hätte schütteln können. Ofelias Mutter Carmen kam in diesem Buch wirklich nicht gut weg. Ihre Absichten sind nur die Besten, aber sie lassen sie gleichzeitig schwach erscheinen. Da war es gut, mit Mercedes eine so starke Frauenfigur noch vertreten zu haben, die für ihre Überzeugungen einsteht und trotzdem nicht kalt oder unmenschlich wirkt.

Besonders spannend fand ich ja Vidal. Er ist der Böse, der immer eine Bedrohung ausstrahlt, vor dem sich sowohl Ofelia als auch Mercedes immer fürchten müssen. Schade war hier allerdings, dass er so komplett böse beschrieben wurde. Ich hätte mir da mehr Graustufen gewünscht, nicht so ein Schwarz-Weiß-Denken, bei dem alles, was Vidal tut, grausam ist und schlecht. 

"Das Labyrinth des Fauns" ist ein Buch, das ich mochte, wirklich mochte, vor allem wegen seiner unglaublichen Atmosphäre.