Rezension

Von einer Frau zur anderen

Wir sitzen im Dickicht und weinen -

Wir sitzen im Dickicht und weinen
von Felicitas Prokopetz

Bewertet mit 4 Sternen

Wenn familiäre Traumata die Hauptrolle spielen und man durch die Generationen gescheucht wird, dann ist man mitten in Prokopetz‘ Roman angekommen und die Gedanken dazu werden einen eine Weile beschäftigen.

Das Cover von Felicitas Prokopetz‘ Roman „Wir sitzen im Dickicht und weinen“ erschließt nicht auf den ersten Blick, genauso wenig, wie sich das Buch einem direkt öffnet. Prokopetz erzählt eine Familiengeschichte über mehrere Generationen, in deren Hauptfokus die Beziehung zwischen Valerie und ihrer Mutter steht. Auch die vorhergegangenen Generationen werden allerdings nicht ausgespart. Naja, vielleicht auch doch. Prokopetz Roman ist rein stilistisch das absolute Gegenstück zur klassischen Familiensaga à la Thomas Manns Buddenbrooks. Die Geschichte wird nicht linear erzählt, sondern springt immer wieder zwischen den Generationen, aber nur für kurze Abschnitte.

Dies fordert zumindest mich als Leser. Man lernt die Charaktere in den kurzen Abschnitten nur bedingt gut kennen. Durch sie Sprünge, muss man sich immer wieder orientieren, wo man gerade ist. Irgendwann hat man zumindest direkt eine Vermutung, wo man gerade wieder gelandet ist, aber einen Stammbaum als Orientierungshilfe hätte ich schon genommen.

Zwischen all dem sollte nicht verloren gehen, worum es in dem Buch meiner Meinung nach im Kern geht. Im Fokus des Buchs stehen die Traumata, die durch familiäre Beziehungen entstehen und der Umgang mit denselben.  Über die Geschichte des Buchs stellt der Roman relevanten Fragen an den Leser: Kann man seinen Eltern diese Traumata überhaupt vorwerfen, wenn man selbst davon ausgehen kann, dass diese von der Vorgängergeneration stammen? Wie verhält man sich im Angesicht des Todes? Das Buch ist in diesem Zusammenhang äußerst gesellschaftlich relevant und auch so interessant, dass man die Stilistik gerne in Kauf nimmt. Will sagen: ich habe es gerne gelesen und es beschäftigt mich noch immer.