Rezension

Warum eine neue Perspektive?

Die Versuchung der Zeit - Myra McEntire

Hourglass, Die Versuchung der Zeit
von Myra McEntire

Bewertet mit 3 Sternen

Inhalt

Kaleb Ballard ist als Sohn des Leiters und Gründers von Hourglass, Liam Ballard, seit jeher an übernatürliche Phänomene gewöhnt. Er selbst besitzt sogar eine Gabe, aber diese impliziert definitiv nicht die Wahrnehmung von Zeitlosen. Warum also scheint er plötzlich Emersons Gabe zu teilen? Die Antwort kommt schneller als ihm lieb ist: Jack Landers manipuliert weiterhin das Raum-Zeit-Kontinuum und den Hourglass-Helden wird eine Frist von einem Monat gesetzt, ihn zu finden und aufzuhalten. Halten sie sich nicht daran, wird die Zeit zurückgedreht, was nicht nur Liams Tod bedeuten würde, sondern auch, dass Emerson wieder zurück in die Psychiatrie muss, unwissend, dass sie über eine wichtige Gabe verfügt... 

Der Protagonist

Kaleb Ballard ist der Bad Boy der Truppe. Nachdem sein Vater gestorben und seine Mutter ins Koma gefallen war, ließ er sich tattoowieren und neigte zu Alkoholexzessen. Dass er sich ausgerechnet in das Mädchen verliebt hat, das sich für Michael, den Liebling seines Vaters, entschieden hat, macht die Sache für ihn nicht gerade leichter. Vor allem, weil er durch seine Gabe als Empath jedes Gefühl der anderen am eigenen Leib zu spüren bekommt.

Eigene Meinung 

Die Versuchung der Zeit ist die lang ersehnte Fortsetzung der Hourglass Reihe von Myra McEntire, die mich leider zeitweise verwirrt und auch enttäuscht hat.

McEntires Schreibstil ist auch weiterhin schön zu lesen und einfach perfekt für das Genre Jugendbuch. Der Sprachgebrauch ist jugendlich frisch, die Erzählweise flüssig und bildhaft. Weiterhin wird das Geschehen aus der Ich-Perspektive erzählt, doch nicht wie erwartet von Emerson, sondern von Kaleb. Für mich nicht ganz verständlich, ist Hourglass doch ganz klar eine Reihe, die aufeinander aufbaut. Solche totalen Perspektivwechsel kann ich bei diesen klassischen Lyx-Romantasy-Reihen verstehen, die zwar alle in der selben Welt spielen, aber immer nur ein Liebespaar abhandeln. Doch bei einer Jugendbuchtrilogie empfinde ich das einfach als unpassend. Man verbindet was mit den Protagonisten und identifiziert diese mit der Geschichte. Außerdem frage ich mich natürlich, was uns im finalen dritten Band erwarten wird - wird dieser dann etwa aus Sicht eines Nebencharakters erzählt? Oder wieder aus Emersons Sicht? Vielleicht dann abwechselnd von Kaleb und Emerson? Man darf gespannt sein.

Abgesehen von Kaleb, der schon im ersten Band interessant war und natürlich nichts dafür kann, dass die Geschichte plötzlich aus seiner Sicht erzählt wird, waren alle anderen Figuren oberflächlich und stellenweise einfach unsympathisch. Emerson, die mir in Die Stunde der Zeitreisenden so ans Herz gewachsen ist, agiert hier egoistisch, uneinsichtig, verwöhnt und zickig. Michael war mal wieder zu perfekt, gleichzeitig berechnend, langweilig und ebenfalls unsympathisch. Und Lily, das für Kaleb angedachte weibliche Gegenstück, ging mir die erste Hälfte des Buches schlichtweg nur auf die Nerven. Das besserte sich zwar zum Ende hin,  aber es macht einfach keinen Spaß, wenn ich die meiste Zeit über damit beschäftigt bin, mich zu ärgern oder Mitleid für den armen Protagonisten zu empfinden.

Die Geschichte wäre an sich eine gute Fortsetzung gewesen. Der Stein, der in Die Stunde der Zeitreisenden ins Rollen gebracht wurde, löst in Die Versuchung der Zeit eine vorhersehbare Lawine aus. Es gibt neue Probleme, neue Fähigkeiten, neue Figuren, neue Konflikte. Allerdings hat McEntire dabei nicht bedacht, dass die ein- oder andere Rückblende durchaus angebracht wäre. So bezieht sie sich in ihrer Geschichte zwar auf Details des Vorgängerbandes, erklärt diese aber nicht näher. Schon vor dem Lesen wurde ich gewarnt, dass ich besser nochmal den 1. Band lesen soll. Natürlich habe ich das nicht getan, ist es ja noch nicht soo lange her, dass ich den gelesen habe, außerdem habe ich ja meine Rezension, so dachte ich jedenfalls. Was mir direkt auffiel, waren die fehlenden physikalisch logischen Erklärungen, die ich beim ersten Buch noch so gelobt habe. So ungern ich das auch zugebe, aber ich habe bis jetzt noch nicht so richtig verstanden wie die ganzen Zeitrisse zustanden kommen, warum es keine Zeitlosen aus der Zukunft mehr gibt und wie Michael und Em in einem verschwinden konnten. Dass sich manche Probleme nahezu von selbst , wohingegen andere, meiner Meinung nach, gar nicht gelöst wurden, ist noch so ein Punkt, der mich stutzig gemacht hat.

Die aufkeimenden Gefühle zwischen Lily und Kaleb waren vorhersehbar, aber nicht nachvollziehbar. Mich persönlich hat diese Beziehung auch einfach gar nicht berührt.

Fazit 

Myra McEntires "Hourglass - Die Versuchung der Zeit" wäre eine gelungene Fortsetzung, gäbe es keinen nicht nachvollziehbaren Perspektivwechsel, würden die Charaktere nicht plötzlich alle unsympathisch werden und die Geschichte selbst nicht so lückenhaft sein. Rückblenden, ein Glossar oder wenigstens ein paar Erklärungen habe ich schmerzlich vermisst und ich muss beschämenderweise zugeben, dass ich nicht alles verstanden habe. Durch den fiesen Cliffhanger werde ich natürlich auch den dritten Band lesen, aber ich hoffe inständig, dass McEntire dort dann wieder zur alten Größe findet. Für Fans der Reihe ist auch dieser Band ein Muss, aber tut Euch selbst einen Gefallen und lest vorher dringend den ersten Band nochmal. So schneidet "Die Versuchung der Zeit" für mich nur mit 3/5 Büchern ab.