Rezension

Weiter geht die Suche nach dem Selbst..

Half Wild
von Sally Green

Bewertet mit 3 Sternen

Nathan hat seine besondere Gabe entdeckt - was aber noch lange nicht heißt, dass damit alles einfacher wird. Er hat seinen Vater gefunden - aber auch das macht kaum etwas leichter. Die weißen Hexen haben eine Hetzjagd gegen alle schwarzen ins Leben gerufen, Nathans Leben wird niemals sicher und normal sein. Der einzige, kleine Hoffnungsschimmer scheint ein Bündnis zu sein, ein Bündnis aus weißen und schwarzen Hexen, die sich gemeinsam gegen die Regierung auflehnen. Und sie wollen Nathan. Nathan, der selbst noch nicht weiß, wer er wirklich ist.

Der zweite Band wiederholt noch einmal relativ ausführlich, was im ersten passiert ist. An sich finde ich, ist das eine gute Sache, hier war es mir allerdings etwas zu viel. Vielleicht lag das daran, dass ich den zweiten direkt im Anschluss an Band eins gelesen habe, stellenweise erschien mir das schlicht recht langatmig. 

Allerdings hat Green auch hier wieder ein unglaublich gutes Gespür für Charaktere bewiesen. Die ganze Zeit über habe ich mit Gabriel als Lieblingscharakter geliebäugelt, in Band zwei liefert mir Green allerdings einen unangefochtenen Favoriten. Die Figur der schwarzen Hexe Van ist absolut und hundertprozentig gelungen. Ihr Auftreten ist unglaublich gut beschrieben, sie wirkt irgendwie wenig greifbar, absolut unnahbar, hat etwas wahnsinnig elegantes und ist trotz einiger Zurückhaltung wahnsinnig präsent. Alles wirkt stimmig, man kann sie permanent vor seinem inneren Auge betrachten. Und spätestens dann, wenn ich mir als Leser wünsche, eine Figur aus einem Buch im realen Leben einmal zu treffen, weiß ich, dass mich die Figurenzeichnung absolut überzeugt hat. 

Auch Nathans Gefühlswelt ist wieder sehr authentisch beschrieben. Er wirkt wie ein intelligenter, selbstreflektierter Junge auf dem Weg zum Mann, der mit seinen eigenen Gefühlen mehr als einmal überfordert ist und noch nicht so recht weiß, welchen Weg er einmal gehen wird. Genau so, wie er also auch wirklich ist. Seine Handlungen und Gedanken sind gut nachvollziehbar und lassen den Leser, trotz der einen oder anderen Dummheit, die er begeht, immer auf seiner Seite bleiben.

Dennoch hatte das Buch im Gegensatz zu Band 1 einige Schwächen mehr. In der zweiten Hälfte des Mittelteils beispielsweise hatte ich zum ersten Mal wirklich das Gefühl, dass wir uns nicht von der Stelle bewegen. Die Handlung stagnierte, für mich als Leser wurde es zeitweise wirklich langweilig.
Auch der eine oder andere groß aufgebauschte Konflikt wurde für meinen Geschmack dann etwas zu schnell und zu einfach gelöst. Da hätte man sich oft mehr Zeit lassen können und müssen. Auch das Ende selbst kam mir dann zu plötzlich und unbefriedigend daher. 
Dennoch ist "Half Wild" ein solider zweiter Teil - seit Fluch der Karibik, Der Herr der Ringe und einigen anderen Trilogien wissen wir ja mittlerweile, dass die Mitte oft ein wenig nachlässt. Ich freue mich auf den dritten und hoffe, dass es da dann wieder aufwärts geht!