Rezension

Weitschweifend und oft unlogisch erzählt

Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 01: Oma Vettel - M. E. Lee Jonas

Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 01: Oma Vettel
von M. E. Lee Jonas

Bewertet mit 2.5 Sternen

J. J. lebt nach dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Oma Vettel und mit ihr eine ganze Reihe absonderlicher Wesen, denn Vettel ist eine Hexe des dunklen Phads. An ihrem sechsten Geburtstag bekommt J. J. einen Gedankenstein geschenkt. Sie erfährt, dass sie sich damit einen Hort erschaffen kann, in dem sie ihre Erinnerungen lagern kann. Gegen den Ratschlag ihrer Großmutter wünscht sie sich ihre Eltern noch einmal zu sehen und erlebt deren letzte Minuten mit. Geschockt will sie danach nie wieder etwas mit Magie zu tun haben, Oma Vettel belegt sie daraufhin mit einem Vergessenszauber.

 

J. J. lebt von nun an in einem Internat und hat sowohl ihr altes Leben als auch Oma Vettel und ihre damaligen Mitbewohner vergessen – bis sich eines Tages ihr Gedankenstein in ihrer Post befindet. Nach und nach erinnert sie sich und Oma Vettel holt sie wieder zu sich. Für J. J. beginnt nun ein magisches Abenteuer.

 

Der Titel, der Klappentext und auch der – wirklich tolle – Prolog machten mir Hoffnung auf einen spannenden Roman mit skurrilen Charakteren und einer interessanten Geschichte. Leider hat mich der Roman über weite Strecken sehr gelangweilt, die Protagonistin hat mich durchgehend genervt und auch die – in meinen Augen sehr unlogische Geschichte konnte mich nicht überzeugen.

 

Zunächst zu den Charakteren. Leider konnte mich keiner so recht überzeugen, was größtenteils daran liegt, dass sie fast durchgehend unüberlegt handeln und meines Erachtens auch nicht gut gezeichnet sind. Oma Vettel z. B. ist eine mächtige Hexe, aber sie benimmt sich oft sehr albern, nie wirklich weise. Dass sie z. B. J. J. Bitte als Sechsjährige (!) sofort reagiert hat und sie alles vergessen ließ, obwohl sie, wie sich später herausstellte, so viel mehr wusste. Man fragt sich, warum hat sie sie nicht lieber auf das vorbereitet, was sie zu erwarten hatte?

 

Ein Charakter soll eigentlich der Beschützer eines anderen Charakters sein, betrinkt sich aber lieber als zu handeln. Die Bewohner des Hauses scheinen mir allesamt für eine jüngere Zielgruppe angeleg.

 

J. J. ist ganz schlimm, sie ist zwar knapp 14 Jahre alt, wird zu Anfang als besonders klug dargestellt, was sie im Roman aber vor allem auszeichnet ist Trotz, Schmollen, unüberlegtes Handeln, sie schreit dauernd herum, ist ständig wütend, sehr von sich eingenommen und ziemlich oberflächlich. Sie schlägt grundsätzlich jeden Rat und jede Warnung in den Wind und tut nie, was man ihr sagt. Im Laufe des Romans werden J. J. öfter Gedanken „in den Mund gelegt“, die für einen Teenie in ihrem Alter unpassend wirken, vor allem wenn er so kindisch charakterisiert wird wie sie (z. B. „Ich bin ein Teenager mit Träumen, wie einen Popstar daten oder ein Musikvideo drehen“ oder „Ich bin noch sehr jung und brauche auch mal etwas, woran ich mich reiben kann“ oder „Ich bin zwar erst knapp 14 Jahre alt, aber ich kann Gefahren relativ gut einschätzen“).

 

Manchmal ist J. J.s Wut allerdings berechtigt: Keiner klärt sie richtig auf, alle wissen mehr, lassen sie aber oft auflaufen, vieles hätte vermieden werden können, hätte man ordentlich mit ihr gesprochen. Und das läuft auf einen weiteren Kritikpunkt meinerseits hinaus: Die ganze Geschichte ist ziemlich unlogisch. Das fängt schon mit dem Vergessenszauber an, wenn man bedenkt, was Vettel weiß, fragt man sich, was sie sich davon versprochen haben könnte, denn im Grunde war das Ganze einfach nur sinnlos … Besonders unangenehm fiel mir auch der hüpfende Teppich auf, der in nur einem Tag quer durchs Land hüpft (!), noch dazu ohne dass es irgendjemand gemerkt hätte. „Natürlich“ gibt es auch eine – meiner Meinung nach völlig an den Haaren herbeigezogene und unnötige – Liebesgeschichte.

 

Die Geschichte wird im Präsens erzählt, was recht gewöhnungsbedürftig ist. Die Sprache ist einfach, erzählt wird in kurzen Sätzen und mit vielen Wiederholungen, nicht nur was die Worte angeht sondern auch inhaltlich. Geärgert haben mich die vielen Fehler, die der Roman noch enthält, obwohl es eine schon überarbeitete Ausgabe ist, da sollte vielleicht ein Profi eingeschaltet werden. Was die Wortwahl angeht, empfehle ich z. B. Thesaurus, zumal sehr oft umgangssprachliche Begriffe verwendet werden, die ich in einem Roman, außer bei wörtlicher Rede eigentlich nicht lesen will (z. B. „schmeißen“, hier würde ich „werfen“ vorziehen, auch das Wort „jauchzen“ fand ich oft sehr unpassend).

 

Leider ist etwa die erste Hälfte des Romans ziemlich langweilig. Hätte ich mich nicht verpflichtet, das Buch zu lesen, hätte ich es abgebrochen. So habe ich es mehrfach unterbrochen und zwischendurch etwas anderes gelesen. Die Autorin erzählt ungeheuer ausschweifend, jede einzelne Kleinigkeit wird berichtet, interessant ist davon längst nicht alles. Danach zieht die Spannung zwar an, die Weitschweifigkeit bleibt jedoch.

 

Der Roman spielt in Neuseeland, aber außer, dass an Weihnachten Sommer ist, merkt man davon leider nur wenig. Ein Teil der Handlung spielt zwar in den magischen Welten, aber ein bisschen mehr Neuseeland-Flair hätte ich mir schon gewünscht. So könnte der Roman auch irgendwo anders spielen und ich frage mich, warum dieses Land gewählt wurde. Übrigens hätte ich mir eine Karte für alle drei Welten gewünscht.

 

Positiv zu erwähnen ist die Phantasie, die sich bei Oma Vettels Haus und seinen Bewohner und den beiden magischen Welten des dunklen und des weißen Phads zeigt, sie hat mich zwar nicht umgeworfen, aber gerade jüngere Menschen haben sicher an vielem davon Freude.

 

Das bringt mich zu der Frage, welche Zielgruppe eigentlich angesprochen werden soll. Der Erzählstil, die Charaktere, die Protagonistin deuten auf eine eher junge Leserschaft, ob die aber Freude an der ausschweifenden und teilweise langweiligen Handlung hat? Erwachsenen ist möglicherweise vieles zu albern und unlogisch, die Protagonistin zu nervig und die Handlung auch zu ausschweifend und langweilig. Ich würde die Zielgruppe daher auf Mädchen zwischen 10 und 12 Jahren mit Leseerfahrung eingrenzen, die können sich wahrscheinlich am ehesten mit J. J. identifizieren und mit der ausschweifenden Erzählweise umgehen.

 

Für August/September 2014 war eine Fortsetzung angekündigt, veröffentlicht wurde sie bisher (November 2014) allerdings nicht.

 

Leider ist der Roman so gar nicht mein Fall, ich vergebe 2,5 Sterne um die phantastischen Elemente zu honorieren. Empfehlen möchte ich den Roman aber nicht, ich wüsste auch nicht, wem.