Rezension

Weitsichtig & Raffiniert

Der Hut des Präsidenten - Antoine Laurain

Der Hut des Präsidenten
von Antoine Laurain

Bewertet mit 5 Sternen

Daniel Mercier entschließt sich allein in einer Brasserie zu Abend zu essen und es passiert das Undenkbare, am Nebentisch setzt sich kein anderer, als der Präsident Mitterrand, hin. Daniel ist beeindruckt und versucht extra langsam zu essen, um diesen Augenblick hinauszuzögern. So kommt es, dass Mitterrand mit seinen Beratern zuerst gehen und er seinen Hut vergisst. Daniel kann der Versuchung nicht widerstehen. Wie fühlt es sich an, den Hut des Präsidenten zutragen? Bringt er einem Glück? Wird mit diesem Kleidungsstück alles im Leben gelingen? Daniel tut das unfassbar, statt den Hut zurück zugeben, setzt er ihn auf und verschwindet. Darauf nimmt sein Leben eine andere Wendung, er wird befördert und verliert seinen Hut. Dieser wandert weiter, aber Daniel kann ihn doch nicht einfach ziehen lassen, oder doch? Was wird der Hut uns noch alles erzählen? Welche Leben wird er noch verändern? Bringt er wirklich Glück? 

Die Franzosen können einfach besondere Geschichten erzählen. Dabei sind sie immer charmant, humorvoll, erfrischend und geben dem allem immer noch einen tieferen Sinn. Ich glaube, deshalb habe ich einem Faible für französische Literatur, sie beschwingt einem beim Lesen und lässt uns oft mit einem Lächeln zurück. Antoine Laurain ist dies wiedermal gelungen und das, obwohl es am Anfang gar nicht danach aussah.

Als ich nämlich anfing zu lesen, war ich erst mal überrascht, wann die Geschichte überhaupt spielt und der Name des Präsidenten sagte mir auch im ersten Moment gar nichts, mein politisches Denken fing erst etwas später an, als in den 80zigern. Aber die Zeit und ihre Eigenheiten waren mir sehr wohl bekannt, so begann ich also eine kleine Zeitreise und wurde mit einigen Erinnerungen belohnt. Das muss ich nämlich Monsieur Laurain hoch anrechnen, trotz der vielen Person und Figuren zu einer Zeit in der ich noch nicht so meine Umwelt betrachtet hatte, war ich mittendrin und fand es großartig Vergessenes wieder auszugraben. Das muss man erst mal schaffen.

Aber kommen wir zur Geschichte, der Hut wandert nun von Daniel zu Fanny und so weiter. Es war zwar nett, aus deren Leben zu lesen und an welchem Punkt sich jede Person befand und natürlich zu sehen, was dieser Hut aus einem macht und welche Magie er doch zu beherrschen scheint. Aber irgendwie erinnerte ich mich an eine Szene von Harry Potter, nein lacht mich nicht aus, aber dort gab es den Zaubertrank Felix Felicis, wenn man diesen trinkt, ist einfach alles möglich und so ist es mit dem Hut auch, irgendwie. Aber, muss man ihn Tragen, um sein Leben zu ändern? Ist man nicht selbst für sein Schicksal verantwortlich und mal ganz ehrlich, brauche ich dieses Buch dafür? Diese Frage eröffnete sich bei mir ungefähr bei der Mitte des Buches und ich war am Zweifeln, ob das jetzt mein Buch wird. Ich war nicht darauf vorbereitet eine lebensveränderte Person nach der anderen kennen zulernen, auch wenn jeder seine Zeit verdammt gut wieder spiegelte, aber sollte das wirklich alles sein. Ich hätte es ja eigentlich bei Antoine Laurain wissen müssen, dass da noch mehr kommt und genau dieses Drehen fand ich verdammt gut. Mit viel Geschick und einer Komplexität für diese Geschichte überrascht dieser Franzose und lässt sein Talent zur Detailliebe hier richtig aufblühen.

Es ist nicht nur eine Geschichte, wie man sein Schicksal in die Hand nimmt und ändert, nein, es geht viel tiefer. Hier kommt nämlich noch das Gewissen hinzu und das Ehrgefühl, beides, was extrem wichtig im Leben ist und manchmal gern vergessen wird. Tja und ein Präsident, dessen Hut nicht allein eine Rolle spielt.

Lasst euch von diesem Buch überraschen, nehmt die Zeitreise an und tanzt wild durch die 80ziger, natürlich mit Stil und Hut. Lernt jeden Einzelnen kennen und spürt die Atmosphäre zwischen den Seiten. Ein ganz besonderer Roman mit Charme, Weitsicht, Fingerspitzengefühl und Raffinesse. Ich sag ja, ich mag die Franzosen.