Rezension

Weniger Krimi als Zeitgeschichte

Im Schatten der Wende -

Im Schatten der Wende
von Frank Goldammer

Bewertet mit 4 Sternen

Als im Jahr 1989 die Berliner Mauer fällt, gerät das Leben der Menschen in der DDR aus den Fugen. Endlich ist es erlaubt, in den vermeintlich Goldenen Westen zu reisen. Für die Polizisten Tobias Falck, Stefanie Bach und deren Vorgesetzten Edgar Schmidt ändert sich vorerst wenig. Es wird wie bisher, mehr oder weniger gründlich ermittelt und einiges vertuscht, das in der Welt der DDR nicht vorkommen darf, wie sexuelle Belästigungen von Frauen.

 

Allerdings sickern langsam aber sicher Verbrecher aus Westdeutschland ein, um das Vakuum für ihre krummen Touren auszunutzen.

 

Als dann noch die westdeutsche Hauptkommissarin Sybille Suderberg eintrifft, um einen, nach Dresden geflüchteten Rotlichtkönig, der eine blutige Spur durch West- und Ostdeutschland zieht, zur Strecke zu bringen, steht die Welt von Falck & Co. plötzlich Kopf. Nichts ist mehr so, wie zuvor.

 

Meine Meinung:

 

Ich kenne alle Bücher von Frank Goldammer, auch jene, die vor der Max-Heller-Reihe erschienen sind. Daher war ich sehr gespannt auf dieses hier, das sich als ein wenig anders als Goldammers andere Bücher entpuppt.

 

Es ist weniger ein Krimi im Sinne des „Whodunit“, sondern eine Milieustudie bzw. ein zeitgeschichtliches Dokument über die Wochen und Monate kurz nach dem Mauerfall, in dem vor allem die Polizisten der DDR noch nicht ganz wissen, wo es lang geht. Sehr gut ist die Unsicherheit der Polizisten beschrieben, die sich bisher mehr oder weniger gut an das Regime angepasst haben. So wird Stefanie Bach kurzerhand zum forsttechnischen Dienst versetzt, bis sie dann doch wieder zur Kriminalpolizei bzw. Zum neu geschaffenen KDD (Kriminaldauerdienst) zurückkehren darf.

Eine interessante Figur ist auch Edgar Schmidt, der zu Beginn ziemlich unsympathisch dargestellt wird und der sich mit KHK Suderberg sehr schwertut.

 

Es gibt Vorurteile und Missverständnisse auf beiden Seiten. So fühlen sich Schmidt & Co. Beleidigt, als Suderberg als Einstandsgeschenk einen, mit exotischen Früchten gut gefüllten Obstkorb mitbringt. Suderberg hingegen hat mit der, in ihren Augen, laschen Ermittlungsarbeit und den brutalen Verhörmethoden ihre liebe Not.

 

Einige Handlungsstränge deuten darauf hin, dass sie in einer Fortsetzung weitergesponnen werden. Ob es ein Wiedersehen mit Sybille Suderberg geben wird? Die Anmerkung des Verlages „Falck & Suderberg ermitteln“ lässt diesen Schluss zu. Doch wie kann das nach ihrem Alleingang sein? Da lass ich mich gerne überraschen.

 

Als Österreicherin habe ich natürlich wenig Einblick in das Leben der DDR-Bürger gehabt. Mir sind hauptsächlich die sportlichen Erfolge bei Großveranstaltungen ein Begriff und die staatliche „Sportlerzuchtanstalten“. Interessant finde ich die Bemerkung, dass die DDR noch 1989 Reparationszahlungen an die UdSSR zahlen muss. Soweit ich weiß, hat die BRD bis 2010 Auslandsschulden, die aus den Reparationszahlungen wegen des Ersten Weltkrieges (!) bedienen müssen.

9

Fazit:

 

Dieser Krimi ist mit seinem überraschenden Ende weniger Krimi als ein zeitgeschichtliches Dokument. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.