Rezension

Wie man der wurde, der man ist

Der Grund - Anne von Canal

Der Grund
von Anne von Canal

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch ist erschütternd und traurig. Das sollte einem klar sein bevor man es liest.
Schon der Prolog lässt Schreckliches befürchten. Man verfolgt den Funkverkehr während eines Schiffsunglücks.
Dann lernt man Laurits kennen, einen Mann Anfang 40, der als Pianist auf einem Kreuzfahrtschiff arbeitet. Ging der Prolog um dieses Schiff? Wird Laurits bald sterben, oder vielleicht überlebt er ja?

Laurits ist durch und durch unsympathisch. Ein frustrierter Mann, ein desillusionierter Mann, der seine Ruhe haben will, der seine Umwelt voller Zynismus beobachtet, wenn er sie überhaupt wahrnimmt.
Er erzählt in Tagebucheinträgen was er so denkt und fühlt. Menschen erzählt er das nicht.
Dann ändert sich plötzlich der Erzählstil und man erfährt Episoden aus Laurits Kindheit. Sein Vater war streng und selbstgerecht, die Mutter Alkoholikerin. Er kommt aus „gutem Hause“, aber eine glückliche Kindheit war das nicht…

So lernt man Schritt für Schritt Laurits Geschichte kennen. Die Handlung springt hin und her. Mal liest man ein paar Tagebucheinträge vom Schiff, mal ist Laurits ein junger Arzt und glücklich verheiratet und zwischendurch ist er ein Kind, das leidenschaftlich gerne Klavier spielt. Die einzelnen Episoden passen zunächst nicht zusammen. Laurits scheint jedes Mal ein anderer Mensch zu sein. Es geht hin und her, da ist auch schon mal eine Rückblende in der Rückblende der Rückblende. Sehr verwirrend, aber auch spannend.
Zum Ende hin schließt sich dann das Bild zu einer tragischen Lebensgeschichte, traurig und bestürzend. Man versteht, warum Laurits so ist wie er ist.

Dieses Buch ist verfasst in einer grandiosen Sprache, die Spaß macht. Es bietet viele Überraschungen allein durch die Erzählweise. Es erzählt aber auch eine gnadenlos traurige Geschichte, ohne den kleinsten Hoffnungsschimmer und den hätte ich mir gewünscht.
So ist es ein wirklich gutes, wirklich trauriges Buch.