Rezension

Wie Postbote Walter zu Gott wurde

Kein guter Mann -

Kein guter Mann
von Andreas Izquierdo

Bewertet mit 4.5 Sternen

Nach einem eskalierten Streit mit einem Kunden entkommt Postbote Walter vorerst einem Rauswurf und wird in die Christkindfiliale in Engelskirchen versetzt. Eigentliche Voraussetzung: Kinder mögen und gern ihre Briefe beantworten. Das trifft auf Walter nicht zu, aber als ihm ein Brief an den lieben Gott unterkommt, ist sein Interesse geweckt. Dieser höfliche Junge unterscheidet sich sehr von den anderen Kindern und imponiert Walter, der spürt, dass Ben Hilfe braucht, und vielleicht erinnert er ihn auch ein bisschen an sich selbst. 

Walter hat keinen Kontakt mehr zu seinem Sohn, während er seine Tochter noch sieht, die in einer gewaltsamen Beziehung lebt. Aber so war er nicht immer. Rückblickend erfährt man etwas über Walters Werdegang und kann nachvollziehen, wie er von einem fussballbegeisterten Jungen und liebevollen Vater und Ehemann, zu einem eigensinnigen Eigenbrötler geworden ist. Trotzdem ist Walter von Anfang an keine unsympathische Figur und wirkt authentisch und vielschichtig. Gerade, wenn man ihn besser kennenlernt, vermag er als heimlicher Held zu berühren. Außerdem ist er clever, einfallsreich und pfeift darauf, was andere von ihm halten. Ich habe ihm so sehr ein glückliches Ende gewünscht. Es kam dann anders als erwartet, womit ich aber gut leben kann. 

Ingesamt eine unterhaltsame und kurzweilige Geschichte, die zu amüsieren weiß und trotzdem keine Tiefe vermissen lässt. Sei es der anfängliche Streit mit Herrn Leyendecker oder die Diskussionen zwischen Walter und seiner Vorgesetzten Sabine. Hier kann man oft schmunzeln. Zum Ende hin wird es spannend, berührend und ich habe Walter sehr ins Herz geschlossen. Ein Roman, der vom unschätzbaren Gut Familie erzählt, von Loyalität, Hoffnung, Schuld, Gier und Vergebung. Perfekt, um in der kalten Jahreszeit das Herz zu wärmen.