Rezension

Wölfe, Mirror-Touch-Syndrom und Gewalt an Frauen

Wo die Wölfe sind -

Wo die Wölfe sind
von Charlotte McConaghy

Bewertet mit 4 Sternen

Mensch im Wolfspelz oder sind Wölfe die besseren Menschen?

Die Australieren Inti Flynn reist gemeinsam mit einer Gruppe Wissenschaftler und einer Gruppe Wölfe in die Highlands von Schottland um dort zur Renaturierung der Wälder und der Landschaft diese Wölfe auszuwildern. Dabei stoßen sie auf sture Schotten und ängstliche Landwirte, die Jagd auf die Wölfe machen.

Inti leidet unter einem besonders seltenen Syndrom, dem Mirror-Touch-Syndrom, sie kann alles fühlen was sie sieht - jeden Schmerz eines anderen Lebewesens und auch jede zärltiche Berührung. 

Mit im Gepäck hat sie ihre Zwillingsschwester Aggie. Diese ist nach einem massiven Gewaltausbruch und jahrelanger Misshandlung durch ihren Ehemann schwer traumatisiert und spricht nicht. Dennoch sind die beiden unzertrennlich und schützen sich.

Im Laufe des Wolfsprojektes kommt es zu einem ungeklärten Todesfall eines Schotten, der sowohl für die Bevölkerung, als auch für Inti offen lässt ob er durch Menschenhand oder Wolfsangriff gestorben ist. Bei den Ermittlungen lernt Inti, Duncan den zuständigen Polizeibeamten im Ort kennen und lieben. Sie weiß allerdings nicht, ob sie ihm trauen kann. 

Ob es Inti und Duncan gelingt, den Todesfall aufzuklären, die Wölfe zu schützen und Aggie aus ihrer stillen Welt zu befreien, davon handelt dieses Buch. 

Aber vor allem auch über unser Verhältnis zur Natur, die Bereitschaft auf etwas zu verzichten um Natur und Mensch einander wieder näher zu bringen.

Charlotte McConaghy greift auch das Thema Gewalt an Frauen auf. Das Schweigen der Gesellschaft und die Machtlosigkeit der Opfer, ja sogar der Polizei werden realistisch dargestellt. Durch diesen Roman erfuhr ich auch zum ersten Mal über das Mirror Touch Syndrom und kann mich nicht festlegen ob es ein Fluch oder ein Segen ist. 

An der Auswilderung von Wölfen bin ich sehr interessiert, dennoch wurde mir das Thema in dem Buch nicht intensiv genug und vor allem auch nicht realistisch genug erzählt. Es war viel Spiritualität dabei - vor allem die Szenen zum Ende des Buches - als ein Wolf angeblich Duncan angegriffen hat und ein anderer Inti in einer kalten Nacht im Wald wärmt, war mir das doch etwas zu viel Pathos. Trotzdem war es ein Lesegenuss - wenn McConaghys zweiter Roman definitiv auch nicht an ihren ersten „Zugvögel“ herankommt, sind die beiden Romane sich doch ähnlich.