Rezension

Wundervoll, intensiv und sehr persönlich

Ich wollte nur Geschichten erzählen - Rafik Schami

Ich wollte nur Geschichten erzählen
von Rafik Schami

Bewertet mit 5 Sternen

»Unser Leben ist keine stetige Linie. Es ähnelt eher einem Mosaikgemälde. Je näher man kommt, umso sichtbarer werden die Bruchlinien, umso charaktervoller die einzelnen Steine.«

Rafik Schami ist ein wundervoller Erzähler. Wer schon mal Geschichten von ihm gelesen oder gehört hat, wird sich dieser Aussage vermutlich anschließen. Dieses Buch nun ist ein besonders persönliches. Er berichtet hier von sich selbst, von seinem Weg, seinen Gedanken und Problemen. Erst kürzlich, als ich zuhause mal wieder von seinen Geschichten schwärmte, fragte mich mein Sohn, weshalb Schami eigentlich damals (1971) nach Deutschland kam. Diese Frage wird hier beantwortet. Und wieso schreibt er eigentlich auf Deutsch? Auch dazu, und zu vielen weiteren Fragen, gibt es Antworten.

 

Wie es seine Art ist, hat er die vielen Infos über sich in Geschichten verpackt, er nennt sie hier Mosaiksteine. Und dieser Vergleich ist gut gewählt, denn das Leben ist nun mal eine Ansammlung von vielen Ereignissen, selten gibt es für eine Entscheidung ausschließlich einen Grund und selten kann man eine Einstellung wirklich verstehen, wenn man sie nicht von verschiedenen Seiten hinterfragt und beleuchtet hat.

 

In diesen Geschichten nun erfährt der Leser nicht nur sehr vieles über den Menschen und Autoren Rafik Schami, sondern zwangsläufig auch über Syrien, arabische Länder und ihre Kultur. Es wird manches Mal sehr politisch, da wird kein Blatt vor den Mund genommen und offen und deutlich kritisiert. Sehr ausführlich wird auch auf das Leben eines Exilautors eingegangen, die vielen Probleme beschrieben, die das mit sich bringt. Immer erfolgt dies auf sehr gut und leicht verständliche Weise, niemand muss (trotz anspruchsvoller Themen) eine zu komplexe Ausführung fürchten.

 

Das Lesen war für mich ein Wechselbad der Gefühle. Mal schmolz ich dahin, einfach aufgrund der wundervoll gewählten Sprache, ich sah Bilder vor meinen Augen entstehen und genoss ihre Lebendigkeit. Manchmal konnte ich schmunzeln, immer wieder wurde ich aber traurig oder wütend. Die Schilderungen sind einfach so intensiv, dass man sich ihnen nicht verschließen kann. Sie berühren, gehen gleich durch ans Herz. Kein Buch also, dass man einfach so nebenbei liest. Ich habe so manche Seite mehrfach gelesen. Nicht, weil ich sie nicht verstanden hätte, sondern weil mich das Thema beim Lesen so beschäftigte, dass ich die Worte erneut in mich aufnehmen wollte.

 

Fazit: Ein wundervolles Buch, intensiv und sehr persönlich! Wer Rafik Schami mag, sollte es unbedingt lesen!

 

»Geschichten sind Fenster zu den Seelen und Kulturen anderer Völker und Länder. Geschichten ermöglichen es auf eine zauberhafte Art, Kinder und Erwachsene die Schönheit der Sprache nicht nur entdecken, sondern an erster Stelle genießen zu lassen. Einen besseren Zugang zu einer Sprache kann kein Lehrbuch vermitteln.«

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 04. Mai 2018 um 23:53

Eine wirklich schöne Rezi, vielen Dank dafür! (meine folgt) - Das Zitat am Ende hat mir auch absolut gut gefallen.... Liebe Grüße!