Rezension

wundervoller emotionaler Debütroman mit ganz großem Heimatgefühl

Wo die Libellen tanzen -

Wo die Libellen tanzen
von Leonie Zenk

Bewertet mit 4 Sternen

Was für ein schöner Debütroman – Wohlfühlen mit ganz viel Heimatflair, etwas ganz Besonderes für mich und deshalb nochmal viel intensiver.

Es ist eine Geschichte, die so viele Emotionen an die Oberfläche lockt und gleichzeitig sanft und gefühlvoll ist, weswegen auch der Titel unglaublich gut gewählt ist - Libellen, schimmernd und doch auch zaghaft, scheu, mit einer gewissen Leichtigkeit und trotz ihres kurzen Lebens sind sie ein Symbol für Veränderungen, Neuanfänge, Mut und Zuversicht, das Beste aus dem Leben zu machen.

Genau das erlebt man mit Val (Valeria) in diesem Roman auch. Für ihren Partner hat sie viel aufgegeben, um mit ihm ein Leben in der Großstadt Berlin aufzubauen, doch das fordert auch seinen Preis und je mehr sie sich verliert, desto mehr sehnt sie sich danach, den Kopf freizukriegen und ihr Leben zu überdenken. 

Da bietet sich die alte selbstgebaute Hütte ihrer Eltern im Harz an. Dieser Rückzugsort ist mit vielen alten Erinnerungen verbunden, traurig, tränenreich und befreiend zugleich und es macht unglaublich viel Spaß, sie dabei zu begleiten, wie sie nicht nur die Spinnenweben des Hauses, sondern auch ihrer Gedanken entwirrt, die landschaftlichen Eindrücke genießt und lernt innerlich abzuschalten.
Mit all den Bewohnern dieses herzlichen, gastfreundlichen Ortes, ihrer Hilfsbereitschaft, der Schulter zum Anlehnen spürt Val mehr und mehr, was es heißt, Türen zu schließen oder zu öffnen. Vergangenheit zu bewältigen, Schmerz zuzulassen und gleichzeitig frei atmen zu können.

Das Buch hat mich sehr berührt, ich bin durch die Seiten geschwebt und es war so faszinierend, dieses Heimatgefühl ganz nah erleben zu können. Die ganzen Eindrücke wurden unglaublich schön vermittelt, ein tiefer Atemzug, der kalte, aber klare See, die Wirkung der Landschaft und des Waldes, der Ruhe und dem Gefühl von Geborgenheit und Rückzug, ohne sich einsam zu fühlen.
Was mich zusätzlich beeindruckt hat, war die Charakterzeichnung.

Man erwischt sich, wie sich ein gewisses Bild entwickelt, man sich beim Schubladendenken erwischt und auf einmal nimmt die Handlung eine ganz neue Wendung und der Überraschungseffekt ist da. Ich habe nicht mit diesem Verlauf gerechnet, es gab so tolle, erstaunliche Entwicklungen durch jeden weiteren Blick hinter die Kulissen, so dass sich einige der Menschen in mein Herz geschummelt haben, ohne dass ich es verhindern konnte und wollte. Da Val leidenschaftliche Klavierlehrerin ist, hat auch die Musik einen großen Platz in dieser Geschichte, was für einige emotionale Momente sorgt.

Am Ende der Geschichte hätte ich mich am liebsten auf den Weg gemacht, um diese Hütte aufzusuchen, dieses Gefühl vor Ort zu spüren, all die besonderen liebenswerten Menschen persönlich kennenzulernen und die örtlichen Leckereien zu genießen.

Dieser gelungene, gefühlvolle, gleichzeitig aber auch humorvolle und tiefgründige Roman handelt von Abschiednehmen, loslassen, vergeben, Neuanfängen, dem Wert von echten Freunden und dem Mut, die Vergangenheit aufzuarbeiten, ohne sich selbst zu verlieren und seine Ziele nie aus den Augen zu verlieren.