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Lesende Frauen

Lesegewohnheiten

Gemeinsames Lesen

Geschichten haben den Menschen schon immer fasziniert. Jahrhundertelang wurden sie mündlich weitergegeben bis sie schließlich in Buchform zugänglich gemacht wurden. So konnte der Mensch Romane alleine genießen. Doch das Bedürfnis, sich über die Lektüre austauschen, hat er nach wie vor.

Bis weit ins 18. Jahrhundert hinein las man vor allem Zeitung oder religiöse Literatur bis sich die Bürger im Zuge von großen gesellschaftlichen Veränderungen schließlich belletristischen Werken zuwendeten und den Weg für die sogenannte "Leserevolution" ebneten. Man sprach sogar von einer "Lesewut", die vor allem von Frauen und Jugendlichen Besitz zu ergreifen schien, und suchte nach Therapieansätzen, die die neue Sucht heilen sollten.

Geschichten mussten nicht mehr länger vorgetragen oder -gelesen werden. Immer mehr Menschen lernten Lesen und Schreiben und waren so in der Lage, Bücher ganz allein für sich zu genießen. Ob in der Bibliothek, unterwegs oder zu Hause - um Geschichten zu lesen reichte die Gesellschaft eines Romans völlig aus.

Doch das Bedürfnis des Menschen, über das Gelesene zu sprechen, ist bis heute geblieben. Schon in der Grundschule gehört der Austausch über Geschichten zu den festen Unterrichtsinhalten und bis in die Oberstufe werden Romane - nicht nur im Deutsch-, sondern auch im Fremdsprachenunterricht - gelesen, reflektiert und analysiert. Findet dies noch in einem "unfreiwilligen" Rahmen statt, suchen viele begeisterte Leser auch darüber hinaus nach Möglichkeiten, über ihre Erfahrungen zu sprechen.

Viele Bibliotheken, Buchhandlungen oder Städte bieten sogenannte "Lesekreise" oder auch "Literaturkreise" an. Alle Teilnehmer lesen dasselbe Buch und tauschen sich bei ihren gemeinsamen Treffen über ihre Eindrücke aus. Wie diese Treffen organisiert sind und welche Lektüren besprochen werden, kann sehr unterschiedlich sein. Während meines Studiums habe ich mich regelmäßig mit ein paar Freunden getroffen und über Bücher diskutiert. Wir wechselten uns als Gastgeber ab und bestimmten dann jeweils einen Roman, der bis zum Treffen von allen gelesen werden musste. Ich wählte zum Beispiel "Die Schachnovelle", Marie entschied sich für "Saturday" von Ian McEwan und Nadja suchte sich Bulgakows "Meister und Margarita" aus. Einen Abend lang diskutierten wir über die Geschichte und die Autoren, wir tauschten uns über unsere Leseerfahrungen aus, während wir uns die Bäuche mit Chips und Süßkram vollschlugen, und stellten immer wieder von Neuem fest, wie unterschiedlich unsere Ansichten waren. Empfand ich "Saturday" als belanglos, war Conny der Meinung, dass der Roman ganz im Gegenteil von großer Relevanz war. Die Gedanken der anderen eröffneten mir neue Perspektiven und ließen mich die Geschichten aus einem anderen Blickwinkel betrachten.

Auch Internet-Communites bieten natürlich die Möglichkeit, sich ausführlich über Bücher zu unterhalten. Bei "Was liest Du" kann nicht nur im Fragen- und Rezensionsbereich über Romane diskutiert werden - vor allem die Teilnahme an Leserunden eignet sich, um sich gemeinsam mit anderen Literaturbegeisterten intensiv mit einem Buch zu beschäftigen. Der Austausch hilft häufig, Unklarheiten zu beseitigen, andere Perspektiven kennenzulernen oder vielleicht auch einfach die eigenen Eindrücke bestätigt zu sehen.  

In beiden Fällen werden die Bücher allerdings erstmal alleine gelesen - erst nach der Lektüre (oder nach einzelnen Abschnitten) tauscht man sich über das Gelesene aus. Anders handhaben das einige Paare. Sie lesen sich gegenseitig vor, sprechen über einzelne Abschnitte und gehen das Buch so zusammen durch. Indem sie sich über ihre Meinung und Eindrücke austauschen, lernen sie nicht nur das Buch, sondern auch ihren Partner besser kennen, fördern die Kommunikation innerhalb der Beziehung und verbringen gemeinsam Zeit.

Wie ist das bei euch? Lest ihr Bücher manchmal gemeinsam mit anderen, lasst euch vorlesen oder lest selbst vor? Wie wichtig ist euch der Austausch nach der Lektüre eines Buches?

Kommentare

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Schaefche kommentierte am 27. März 2014 um 15:25

Ich habe schon manchmal Bücher mit einer Freundin zusammen gelesen, das war immer sehr schön und man kann toll zusammen spekulieren. An Leserunden mag ich das auch, wobei es da halt schwieriger ist, zu diskutieren, weil die Teilnehmer oft doch ein ziemlich unterschiedliches Tempo haben.

Sonja Fleischer kommentierte am 27. März 2014 um 21:15

Hat jemand Tipps, wie man Leserunden mit realen Personen findet? Ich habe für Köln mal im Internet gesucht, bin aber nicht fündig geworden. Das einzige, was ich gefunden habe, war ein VHS-Kurs, der Freitag vormittags war.

silesia kommentierte am 28. März 2014 um 11:07

Da ich leider nicht regelmäßig Zeit zum Lesen finde, wären feste Lesegruppen für mich wohl nicht einzuhalten, ich könnte nie garantieren, daß ich das Buch auch zum Termin gelesen habe. Bei den Leserunden hier reisse ich mich immer zusammen, weil ich sie so interessant finde und damit schon einige Bücher und Autoren kennengelernt habe, die ich wohl nie gekauft hätte.

Bei Hörbüchern tue ich mich teilweise auch schwer, gute Erfahrung habe ich mit denen gemacht, bei denen der Autor selbst liest (z.B. "Maria, ihm schmeckt´s nicht" gelesen von Jan weiler selbst).

mikealuna kommentierte am 28. März 2014 um 12:51

Ich tausche mich sehr genre mit Freunden über die gelesenen Bücher aus. Teilweise haben wir einen gleichen Geschmack, aber natürlich weicht auch einiges ab. Ich finde das immer sehr anregend. Vor allem bekommt man dann auch gute Tipps für neue Lektüren.

Meinem Freund lese ich derzeit z.B. abends (unregelmäßig) "Der kleine Hobbit" vor, was uns beiden sehr viel Spaß macht. Ist mal was anderes, als ein Buch einfach alleine zu lesen. Ob wir uns nachher aber auch noch ein anderes Buch aussuchen werden, wissen wir noch nicht.

Garten-Buch kommentierte am 29. März 2014 um 13:27

Wenn ich bei meiner ehemaligen Mitbewohnerin zu Besuch bin und über Nacht bleibe, dann bekomme ich abends immer etwas vorgelesen. Das freut mich. :) Ich persönlich tue mich ein wenig schwer mit dem Vorlesen, dabei hat man das in der Schule früüüüher so oft gemacht. Hat jemand mal an einem Vorlesewettbewerb teilgenommen? Ich habe sowas mal gemacht und fand es toll. Weiß gar nicht, ob es das heutzutage noch gibt.

jennilein kommentierte am 01. April 2014 um 00:31

Ich tausche mich oft mit meiner Mutter oder der Lebensgefährtin meines Vaters über diverse Bücher aus. Die einzigen beiden Menschen in meinem Umkreis die meine Lese Sucht nachvollziehen können und genauso sind ;) 

Ich finde es schön mit anderen noch über ein Buch sprechen zu können, der Austausch macht Spaß und hin und wieder entdeckt man Seiten eines Buches die man so vorher von alleine noch garnicht bedacht hat. 

Dem einzigen dem ich öfters mal was vorlese ist mein Sohn ;)
Abends, vorm schlafen gehen gibt es dann noch eine kurze Gute Nacht Geschichte oder wir schauen uns einfach ein Bilder Buch an. 

Angela Rettke kommentierte am 03. April 2014 um 20:49

In einer Leserunde bin ich zwar nicht, aber ich unterhalte mich sehr gerne über Bücher. Der austausch ist mir hierbei doch sehr wichtig und ich freue mich auch immer die Meinung der anderen zu hören. Vorgelesen wird jeden Tag meinen Kindern.

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