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Von der Liebe zum Lesen

Wie das Lesen uns zu besseren Menschen macht

Lesen macht uns zu besseren Menschen. Das ist nicht nur ein Gefühl, es ist auch empirisch belegbar, denn das Lesen hilft uns, Kompetenzen zu entwickeln, die für unseren Alltag, unsere Lebenseinstellung und unsere Kommunikation mit anderen Menschen essentiell sind. Zu glauben, Bücher seien heutzutage out, ist daher ein fataler Trugschluss: Wer nicht liest, verpasst nicht nur die Freuden eines tollen Buches, sondern muss bestimmte Fähigkeiten auf anderen Wegen erlernen.

Die Wunderwirkung des Lesens

Literatur ist Balsam für die Seele. Sich in ein Buch zu vertiefen, bedeutet abzuschalten, sich zu entspannen, der Realität zu entfliehen und sich in die eigenen Träumereien hinabfallen zu lassen. Man ist zugleich relaxet, konzentriert und aufnahmefähig, was die Bereitschaft, neues Wissen zu erwerben und sich auf Neues einzulassen, erhöht. Der Prozess des Lesens bedeutet primär Unterhaltung – spannende, romantische, traurige, fröhliche, witzige Momente, eingefangen zwischen Buchseiten. Doch das ist nicht alles, was das Lesen für uns tut – tatsächlich entfaltet es eine echte Wunderwirkung, wenn man öfter mal die Nase in ein Buch steckt.

Wie könnte man die Fantasie besser ankurbeln als mit einer fantastischen Geschichte? Bücher bieten uns die Möglichkeit, in fremde Welten einzutauchen, ganz neue Wesen, Gesellschaften und Ideen kennenzulernen. Sie fördern also die Fantasieentwicklung und steigern die Kreativität, was sowohl in der Schule oder im Studium als auch im Berufsleben und im Alltag sehr wichtig ist. Durch regelmäßiges Lesen werden wir zu wahren Fantasie-Allroundern!

Aber das ist noch lange nicht alles: Lesen fördert eine differenzierte und ansprechende Ausdrucksweise, es lässt uns Sensibilität für Sprache und das geschriebene Wort entwickeln. Während wir lesen, sammelt unser Gehirn konstant Informationen, die es unbewusst abspeichert, und mit jedem gelesenen Buch erhält unsere sprachliche Entwicklung einen weiteren Feinschliff. Und da das Wort das bei weitem beliebteste Kommunikationsmittel der Menschen ist, schadet es nicht, sprachlich alles aus sich herauszuholen.

Bücher sind darüber hinaus dafür bekannt, unsere Empathie anzukurbeln. Mit jedem neuen Buch müssen wir uns auf fremde Charaktere einlassen, die alle mit ihren ganz eigenen Merkmalen und Eigenschaften aufwarten. Kein Wunder, dass Buchliebhaber echte Empathiekanonen sind: Wir fühlen, lachen, weinen und leiden mit den Charakteren, versetzen uns in sie hinein und versuchen, ihre Gedanken und Motive nachzuvollziehen. Wir erproben praktisch konstant unsere Menschenkenntnis, was dazu führt, dass wir unseren Mitmenschen auch im Alltag empathisch und offen gegenübertreten können. Lesen schult somit in enormem Maße die Sozialkompetenz.

Das Lesen fördert außerdem die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Dadurch, dass wir immer wieder in neue Welten und Charaktere eintauchen, werden wir dazu angeregt, über uns selbst und unsere Situation nachzudenken. Wenn ein Charakter zum Beispiel völlig anders handelt, als wir es tun würden, erkennen wir automatisch, wie ein Teil unserer Identität beschaffen ist. Welche Moralvorstellungen haben wir? Was sind unsere größten Stärken und Schwächen? Wir würden wir in dieser Situation handeln? Durch die Identifikation oder eben auch Nicht-Identifikation mit fiktiven Charakteren erfahren wir immer wieder mehr über uns selbst und können uns daher in der Regel recht gut einschätzen – Letzteres ist nicht nur für Bewerbungsgespräche von Vorteil. ;)

Und last but not least: Bücherwürmer sind ziemlich genügsame Menschen. Gib uns ein Buch und wir lesen stundenlang glückselig vor uns hin. Das nenne ich mal pflegeleicht!

Lasst mich das nochmal zusammenfassen …

Das Lesen ist ein Allroundprogramm für das Leben. Wir fördern nicht nur unseren Intellekt und unsere sprachliche Sensibilität, sondern auch noch unsere Fantasie, Kreativität, Empathie, Offenheit und Fähigkeit zur Selbstreflexion, indem wir Bücher lesen. Und das Beste: Lesen macht auch noch wahnsinnig viel Spaß! Das heißt, wir lernen, während wir Spaß haben, was ein ziemlich schmackhafter Cocktail für unser Gehirn ist. Noch ein Grund mehr, den Tag mit einem guten Buch an einem gemütlichen Plätzchen zu verbringen – nie mehr Schuldgefühle, weil wir “nur noch dieses eine Kapitel” lesen möchten!

(Artikel von whoiskafka.wordpress.com)

Kommentare

Sommerzauber02 kommentierte am 18. April 2015 um 14:51

Vielen Dank für deinen Artikel, der sehr interessante Aspekte enthält bezüglich Empathie, Gefühlswelten, Kompetenzen entwickeln, ect.

Miss.mesmerized kommentierte am 19. April 2015 um 07:11

Ich kenne einige lesende Menschen, die null Fähigkeit zu Empathie und Selbstreflexion haben, von daher würde mich interessieren, welche wissenschaftlichen Studien genau diesen Effekt nachweisen konnten. 

Cthulhu kommentierte am 21. April 2015 um 10:02

"Bücher sind darüber hinaus dafür bekannt, unsere Empathie anzukurbeln."

Das halte ich für ein Gerücht. Das stimmt zwar in gewisser Weise, aber bestimmt nicht grundsätzlich und nicht mehr oder weniger als Filme es auch tun.

"Lesen fördert eine differenzierte und ansprechende Ausdrucksweise, es lässt uns Sensibilität für Sprache und das geschriebene Wort entwickeln."

Naja. Allein hier im Forum findet man täglich Beweise für das Gegenteil. Sog. "Bücherwürmer" und Buch-Blogger, die angeblich viel lesen, deren Texte aber vor Rechtschreib- und Grammatikfehler nur so strotzen. 

Brocéliande kommentierte am 22. April 2015 um 00:37

Ich glaube eher NICHT, dass Bücher und Filme die gleichen Auswirkungen auf unser Gehirn haben, ctulhu..... - auch das zweite statement stimmt durchaus, finde ich: Die Kommunikationskompetenz ist definitiv besser, da der Wortschatz um vieles reicher ist - und eben dies sich im sprachlichen Ausdruck wiederfindet (wenn es nicht gerade ein Prof ist, dem man nicht mehr folgen kann - was es natürlich auch gibt ;-))

 

Ich finde diesen Artikel unglaublich klasse und stimme jedem einzelnen Punkt, der angesprochen wurde, absolut zu (Erfahrungswert ;-) Vielen Dank dafür, liebe whoiskafka!

sphere kommentierte am 23. April 2015 um 23:31

"Die Kommunikationskompetenz ist definitiv besser, da der Wortschatz um vieles reicher ist - und eben dies sich im sprachlichen Ausdruck wiederfindet"

Das ist rein praktisch unmöglich. Wünschenswert ja, dennoch mit unserem Gehirn einfach nicht möglich, das widerspricht jeglicher Lerntheorie. Das reine "Sehen" oder auch "Hören" reicht nicht aus, um eine Information zu erwerben und gleich wiederzugeben. Dies erfolgt in mehreren Schritten, praktisch dem Üben, wodurch es gelernt wird. Wie c. schon schrieb, es gibt hier - leider - etliche "Beweise", dass Vielleser kaum durch das Gelesene erworbene Sprachkompetenzen wiedergeben können...

Sonnenkönigin kommentierte am 24. April 2015 um 19:27

Mir hat der Artikel sehr gut gefallen.
In wieweit bestimmte Kompetenzen beim Leser entfaltet werden, hängt sicherlich von mehreren Faktoren ab. Wer beispielsweise nach der Lektüre eines Buches eine Rezension schreibt oder mit anderen Lesern über das Buch diskutiert, profitiert mehr von der Lektüre als derjenige, der ein Buch ohne Reflexion liest und dann wegstellt.
Gleichwohl haben beide Leser durch ihre Lektüre ihre Lebensqualität erhöht und Lebensfreude pur erlebt! ;)

Lily911 kommentierte am 25. April 2015 um 14:24

Wow!

Danke für diesen spannenden Artikel! Das stimmt, das ich so einiges verpasst hätte, wenn ich nicht angefangen hätte Bücher zu lesen! Und jetzt bin ich ein richtiger Bücherwurm. `O-O' ☺

Brocéliande kommentierte am 26. April 2015 um 00:18

@sphere:

vielleicht habe ich mich nicht präzise genug ausgedrückt ;-) (womit wir ja beim Thema wären) : Du hast Recht, die erworbene Sprachkompetenz (und ich meinte hier besonders die Möglichkeit, sich differenziert auszudrücken, sowohl verbal als auch schriftlich) hängt natürlich mit Übung zusammen ... Kommunikationskompetenzen sind Schlüsselkompetenzen, die enorm wichtig sind (im zwischenmenschlichen wie auch im beruflichen Sektor) und mit diesen habe ich mich vor 2-3 Jahren sehr auseinandergesetzt, da ich Jugendlichen in der Ausbildung in einem Seminar darüber Kenntnisse vermittelte... Es war sehr spannend und hat Spaß gemacht. LG

Nisnis kommentierte am 10. Mai 2015 um 07:39

Vielen Dank für diesen interessanten Artikel. Hat mir sehr gut gefallen.

whoiskafka antwortete am 11. Mai 2015 um 15:13

@Nadine B. Dankeschön, Nadine! :)

@Miss.mesmerized Gib einfach mal bei Google die Schlagworte "Lesen" und "Empathie" ein, da purzeln dir zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten und Studien entgegen, deren Querverweise wiederum zu anderen Studien führen usw. Ich habe auch nicht behauptet, dass dies auf alle lesenden Menschen zutrifft - dass es sich von Person zu Person unterschiedlich verhält, ist ja klar. :)

@CthulhuIch Wie schon gesagt: Es gibt Studien, von einem Gerücht würde ich also nicht sprechen. Und nein, Filme sind keineswegs vergleichbar mit Büchern, da völlig unterschiedliche Regionen im Gehirn angesprochen werden und der Lerneffekt ein ganz anderer ist (obwohl natürlich auch Filme positive Auswirkrungen haben!). Dass außerdem nicht jeder, der liest, eine perfekte Ausdrucksweise und eine fehlerfreie Rechtschreibung hat, sollte logisch sein, da Talente unterschiedlich ausgeprägt sind (und trotzdem kann Lesen bei Menschen mit einer schwachen Rechtschreibung Wunder bewirken!) ... Nichtsdestotrotz fördert Lesen beide Kompetenzen. :)

@Brocéliande Ich danke dir! :)

@sphere Und nur, weil nicht jeder perfekt schreibt, siehst du das als Beweis? Das ist keineswegs ein Beweis. Vielleicht wäre die Ausdrucksweise und Rechtschreibung vieler ohne das Lesen noch schlechter. Zudem gibt es wissenschaftliche Beweise (und nur solche zählen für mich als Wissenschaftlerin, ich weiß ja nicht, wie ihr das seht) für die Entwicklung solcher Kompetenzen durch das Lesen.

@Sonnenkönigin Danke! :) Und da hast du definitiv Recht! :)

@Lily911 Vielen Dank, Lily! :)

@Nisnis Danke sehr! :)

 

Und bevor mich nun jemand darum bittet, hier zig Studien aufzulisten: Einfach mal selbst nachforschen! :) Ich kann dafür sowohl Google als auch sämtliche Unibibliotheken empfehlen. Ist ein sehr interessantes Thema (vor allem für diejenigen unter euch, die vielleicht im Beruf mit Kindern zusammenarbeiten), mit dem man Stunden verbringen kann!

Danke für eure Kommentare, ich habe mich sehr gefreut und freue mich auch, dass mein Artikel zum Diskutieren anregt! :)

Zwischen den Zeilen kommentierte am 19. Juli 2015 um 15:14

Ein toller Beitrag, vielen lieben Dank dafür! Von dem Zusammenhang zwischen Lesen und Empathie hatte ich auch schon mal gehört, aber nicht in der Ausführlichkeit. Ich denke, ich werde mich da mal ein bisschen informieren gehen, Danke für die Anregung!