Rezension

Unglaublich – ein Buch voller Gegensätze

Zitronen -

Zitronen
von Valerie Fritsch

Bewertet mit 3.5 Sternen

Dieses Buch vereint, was unvereinbar ist und polarisiert vom Cover bis zum Inhalt.

Bereits der Umschlag symbolisiert die Zerrissenheit der Geschichte. Auf dem ersten Blick aufgeräumt, in frischen, strahlenden Farben, ist bei genauer Betrachtung keine Ordnung erkennbar. Das Glas ist scharfkantig und zerbrochen, die Schrift verschoben und geteilt. Der Titel „Zitronen“ erinnert gleichzeitig an Sommer und an Säure.

Der erste Eindruck setzt sich im Buch fort. Es beschreibt die Lebensgeschichte von August – einem Jungen, der in seiner Kindheit unglaubliches ertragen musste. In einem unscheinbaren Haus am Rande eines unscheinbaren Dorfes wächst August zwischen Eltern mit psychischen Störungen auf.  

Der Vater kann Liebe und Zuneigung nur seinen Hunden gegenüber äußern. Seinem Sohn gegenüber empfindet er wahlweise Endtäuschung oder Demütigung, je nachdem ob August in seinen Augen etwas zu falsch oder zu richtig macht. Nichts ist dem Vater recht, alles wird mit Misshandlungen vergolten. Schließlich verschwindet der Vater wortlos aus Augusts Leben.

Die Mutter zeigt ihre Liebe nur in der Krankenpflege. Erst, wenn es gilt, Augusts Wunden zu versorgen, kümmert sie sich liebevoll und aufopfernd um ihn. Als der Vater die Familie verlässt, sorgt sie selbst für den permanent kranken Zustand ihres Sohnes.

Dieses unglaubliche Schicksal, welches als Ergebnis einen körperlich und seelisch geschädigten Mann hervor bringt, ist geschrieben in wundervoll poetischen und wortgewaltigen Formulierungen. Eine Sprache die so garnicht zum Inhalt zu passen scheint und dennoch perfekt die Zerrissenheit dessen widerspiegelt.