Rezension

Äußerst düstere Dystopie

Das Lied des Propheten -

Das Lied des Propheten
von Paul Lynch

2023 hat Paul Lynch für seinen neuesten Roman den britischen Booker Prize gewonnen. Eine größere Auszeichnung kann ein Literat in Großbritannien nicht bekommen. Umso gespannter war ich auf diesen Roman, da ich den Autor bislang noch nicht kannte.

Der Roman stellt eine Dystopie dar, in der sich alles um den blinden Propheten Aidan dreht. Aidan findet sich in einer Welt wider, die stets grausam und erbarmungslos erscheint. Aidan selbst ist eine komplexe Figur, die zum einen durch Weisheit gekennzeichnet ist, aber darüber hinaus sehr zerbrochen wirkt. Eilish ist in diesem Roman die starke weibliche Hauptprotagonistin, die versucht, die heile Welt für ihre Familie aufrechtzuerhalten. Auch als ihr Mann Larry spurlos verschwindet, womöglich aufgrund der Geheimpolizei, muss sie für ihre vier Kinder stark bleiben.

Das Buch spielt in Irland, könnte allerdings in jedem anderen europäischen Land spielen. Lynch fühlt sich im Setting seiner Heimat schriftstellerisch sicher.
Die Thematik könnte nicht aktueller sein. Politische Einflechtungen, kriegsähnliche Zustände, gesellschaftliche Werte, die unser zwischenmenschliches Dasein prägen sollen und vor allem die Gefahren, die lauern, wenn alles aus dem Ruder läuft, stehen hier im Mittelpunkt.

Lynch ist in diesem Roman sprachlich bildgewaltig und einzigartig anspruchsvoll. Nicht nur die bildliche Sprache ist einzigartig, sondern auch die lose Aneinanderreihung von Wortfetzen, die eine wörtliche Rede ersetzen, machen die Lektüre zunächst für den Leser sehr anstrengend. Nach einer Weile hat man sich an den Sprachstil gewöhnt, ist aber sicherlich nicht Jedermanns Sache.

Alles in allem eine anspruchsvolle Lektüre mit gesellschaftlich wichtigen Aspekten, die zum Nachdenken anregen.