Rezension

13 Kurzgeschichten

I walk between the Raindrops. Storys -

I walk between the Raindrops. Storys
von T.C. Boyle

Bewertet mit 3.5 Sternen

Kleine Geschichten, kurze Erzählungen sind in T.C. Boyles neuem Buch "I walk between the raindrops" versammelt. Sie alle drehen sich, mal mehr mal weniger stark, um die Frage, was den Menschen ausmacht. T.C. Boyle lotet in seinen Geschichten aus, wie sehr sich der Mensch von seinem Menschsein entfernt hat. 

Das Ergebnis ist dabei eher ernüchternd. Nur in wenigen Geschichten gelingt es den Protagonisten, Mitmenschlichkeit zu zeigen. In "Hundelabor" etwa, wo ein Wissenschaftler einen Versuchshund entführt und bei sich aufnimmt.

Zumeist seziert T.C. Boyle die Menschen. Gleich in der ersten Kurzgeschichte des Bandes, "I Walk Between the Raindrops", stellt Boyle die Frage nach Mitgefühl und Gefühlskälte, wenn Brandon mit seiner Frau im Urlaub einen schweren Erdrutsch miterlebt, davon aber selbst nicht betroffen ist. Wie oft verwendet Boyle auch hier den Ich-Erzähler und vermeidet so jedes wertende Erzählen. "Ich bin kein Held", sagt Brandon da über sich, macht sich Gedanken darüber, ob seine Schuhe dreckig werden könnten. Erst nach und nach spürt man, dass das eigentliche Thema die Frage ist, wie wir mit unserer eigenen Vergänglichkeit umgehen. 

Nicht alle Kurzgeschichten sind so vielschichtig gestaltet wie diese. Immer aber beleuchtet Boyle schlaglichtartig eine Situation. Lässt die Figuren selbst für sich sprechen. Ein wertender, eingreifender Erzähler: bei Boyle Fehlanzeige. Selbst Ironie findet man in den grotesken Kurzgeschichten nicht. Ihm genügt sein analytischer Blick - selbst wenn die Figuren dadurch oft zutiefst unsympathisch wirken. Sei es der undankbare Sohn, sei es der potentielle Attentäter.

Gewalt, Alkoholismus, der Mensch in der zerstörten Natur, der Umgang mit anderen Lebewesen: all das sind Themen, die T.C. Boyle in seinen Kurzgeschichten immer wieder aufgreift. Wo nötig, greift er auf Science Fiction zurück, wenn er etwa die Menschen in eine Welt selbstfahrender Autos versetzt oder eine Welt skizziert, in der ein Belohnungssystem mit Punkten die Gesellschaft prägt.  

Natürlich gibt es bei Boyle auch die Sprachbilder, die einem im Kopf bleiben, wenn er etwa den Husten einer Corona-Patientin beschreibt, "der den Wind zum schweigen brachte und die Delfine hinab in die Tiefen des Ozeans trieb". Das sind aber die großen Ausnahmen. Boyles Markenzeichen ist der nüchterne, beobachtende Schreibstil. Nur mit ihm kann er so schonungslos treffend die menschlichen Schwächen protokollieren.