Rezension

Schatten der Vergangenheit

Im Unterholz -

Im Unterholz
von Sara Strömberg

Bewertet mit 5 Sternen

Im Wald wird eine übel zugerichtete Frauenleiche entdeckt. Für die Bewohner der Gegend steht schnell fest, hier kommt nur ein Durchreisender als Täter in Frage, denn keiner der Nachbarn wäre zu solch einer Tat in der Lage. Ex-Journalistin Vera wird gebeten die Stimmung im Ort für eine kurze Reportage einzufangen und kommt ins Grübeln.

Wenn man als Leser an Schwedenkrimis denkt, denkt man meist an ein Verbrechen auf einer der idyllische Schäreninseln, oder in der Anonymität der pulsierenden Großstadt Stockholm. Hier verschlägt es einen in eine ländliche Gegend, dicht an der Grenze zu Norwegen, hier herrscht eine Stimmung, wie man sie vielleicht eher in einem amerikanischen Krimi erwarten würde. Städte, die durch die Schließung von Firmen keine Anreize mehr für junge Leute bieten. Die immer mehr verarmen und plötzlich nur noch als Investitionsobjekt für reiche Norweger dienen, die sich hier überteuerte Feriendomizile errichten, die sie dann nur an zwei Wochen im Jahr bewohnen. In denen es an allen Ecken und Enden an Geld für das Gemeindeleben fehlt, weil keinerlei staatliche Unterstützung erfolgt. In denen Seniorenheime zur Unterbringung für Migranten umgenutzt werden und in denen die wenigen verbliebenen Einwohner immer verbitterter und eigenbrötlerischer werden. 

Im Unterholz zeichnet ein eher düsteres, trostloses Bild von Schweden und so verwundert es nicht, dass auch die Figuren sich dieser düsteren Stimmung angleichen, allen voran Hauptfigur Vera. Ziemlich griesgrämig und vom Leben enttäuscht dümpelt sie nach ihrer Scheidung und dem Verlust ihres Jobs bei einer Lokalzeitung vor sich hin. Eigentlich ist sie der typische Antiheld und im Grunde auch nicht wirklich sympatisch, aber sie baut im Laufe der Geschichte eine Beziehung zum Leser auf, zeigt wie zäh und kompromisslos sie im Bezug auf ihre Arbeit und damit auf die Wahrheitsfindung ist. Man ist zwar manchmal ziemlich von ihrem Selbstmitleid, von ihren Alleingängen, von ihrem Trotz genervt, aber irgendwie mag man sie dann doch.

Die Geschichte verläuft relativ ruhig. Der Leser folgt keinen polizeilichen Ermittlungen, sondern den eher journalistischen Recherchen von Vera und taucht so immer tiefer in die Hintergründe der Tat ein. Es baut sich eher unspektakulär ein Bild auf, das von Seite zu Seite deutlicher wird und qasi eine komplette Lebensgeschichte abbildet, die letztlich in einer Katastrophe endet.

Die Bezeichnung Krininalroman finde ich für eine Charakterisierung des Buches absolut passend, wobei ich den Fokus tatsächlich noch mehr auf Roman legen würde. Spannung, wie man sie in einem klassischen Krimi erwartet, fehlt natürlich nicht ganz, ist aber eher hintergründig und liegt letztlich auch eher auf der psychologischen Ebene wenn der Lebensweg des Opfers nachgezeichnet wird. Dem Leser wird recht schnell klar, wer als Täter am ehesten in Frage kommt, allerdings versteht es die Autorin gut die logischen Zusammenhänge lange genug im Dunkeln zu halten um die Seiten zu füllen. Am Ende gibt es natürlich die komplette Aufklärung, inklusive Schowdown mit dem Täter.

Wer Action und Nervenkitzel sucht wird mit diesem Buch eher schlecht beraten sein, wer sich aber auch auf eine hintergründige und ruhige Kriminalhandlung einlassen kann, wird das Buch sicher gern lesen. Ich mag tatsächlich beide Varianten, je nach Stimmung, und mochte diesen durchaus auch gesellschaftskritischen Blick auf die nicht so sonnige Seite Schwedens gern lesen.