Rezension

Geniales Debüt

Die schönste Version -

Die schönste Version
von Ruth-Maria Thomas

Bewertet mit 5 Sternen

Jella und Yannick sind ein so schönes Paar. Endlich scheint Jella mit ihm jemanden gefunden zu haben, mit dem sich alles richtig anfühlt. Recht schnell ziehen die beiden zusammen, doch dann endet es mit Yannicks Händen an ihrem Hals und Jellas panischer Flucht aus der gemeinsamen Wohnung. Wie konnte es so weit kommen?

Ruth-Maria Thomas Debütroman ist die traurige Geschichte eines Mädchens, das nie gelernt hat für sich und seine Bedürfnisse offen einzustehen. Das mit dem Male Gaze großgeworden ist. Das stark und selbstbewusst wirkt, aber alles dem Willen der Männer unterordnet, weil man das ja so macht, wenn man cool und begehrenswert und beliebt sein will. Es liest sich so tragisch, aber es war auch so normal für diese Zeit.

Wie Jella war auch ich Teenager in den frühen Nullerjahren und ich kann so viel von dem, was Ruth-Maria Thomas beschreibt so gut nachvollziehen! Schön musste Frau sein, aber nicht zu sexy. Schlank und klug und sexuell verfügbar aber bitte im Alltag nicht zu vulgär, es will ja niemand eine „Assibraut“. Trinken musste man, weil das cool war und „richtige Arbeit“ war etwas, das die Männer machen, nicht etwa Studium oder Haushalt. Wie Thomas all diese Dinge ganz natürlich in ihrer Geschichte unterbringt war großartig! Ein Flashback der unangenehmen Art, aber nötig.

Wie sich die ersten kleinen Risse auftun in der Beziehung von Jella und Yannick ist grandios beschrieben. Ich war so wütend auf Yannick und habe Jellas Verzweiflung und Wut so gut verstehen können! Nein, auch Jella ist nicht perfekt, aber es ist so verflucht gut beschrieben, warum das so ist. Thomas schreibt sehr berührend, realistisch, ein bisschen rotzig manchmal aber es passt einfach.

Die schönste Version ist ein trauriger, berührender, dreckiger, ehrlicher Roman, der die Sozialisation der Frau um die Jahrtausendwende auf den Punkt bringt. Ganz großes Kino, dem ich so viele Leser wir möglich wünsche!