Rezension

Film ab

Sobald wir angekommen sind -

Sobald wir angekommen sind
von Micha Lewinsky

Bewertet mit 4 Sternen

Benjamin Oppenheim hat sich von seiner Frau Marina oder besser gesagt, Marina hat sich von ihm getrennt. Nun kümmern sich die beiden im Rahmen des „Nestmodels“ um die gemeinsamen Kinder. Nicht ganz einfach für die Eltern, die sich auf diese Art und Weise drei Wohnungen finanzieren müssen. Nicht ganz einfach in Zürich. Vor allem dann nicht, wenn man freischaffender Künstler oder genauer gesagt Schriftsteller ist und schon seit geraumer Zeit an einem Buch über Stefan Zweig im brasilianischen Exil schreibt. Schließlich kennt sich Ben aus mit Flucht, Exil und dem Randgruppendasein. Er ist nämlich Jude und somit durch seine Vorfahren bestens mit der Thematik vertraut. Als sich dann auch noch, wie Ben meint, der dritte Weltkrieg anbahnt, kennt er kein Halten mehr und wandert mit seiner Exfrau und den Kindern Hals über Kopf nach Brasilien aus. Die neue Geliebte lässt er dabei im unsicheren Europa zurück und will sich von nun an, wie sein großes Vorbild Stefan Zweig, in Brasilien eine neue Existenz aufbauen. Ob das gut geht?

Der Schweizer Drehbuchautor Micha Lewinsky brilliert in seinem, vor kurzem veröffentlichtem, Debütroman. Der Autor stellt uns in sehr überspitzer und sarkastischer Weise den Hauptprotagonisten Ben Oppenheim vor. Dadurch entstehen manchmal zwischen den Zeilen, manchmal ganz direkt so einige lustige Szenen. Und das ist auch gut so, denn Ben kann man eigentlich so gar nicht ernst nehmen. Der Familienvater ist sehr auf sich selbst bezogen, etwas hypochondrisch, mit dem Hang zum Weltuntergang, veranlagt, tollpatschig und phlegmatisch. Ein Charakter, der meine Nerven wirklich auf die Probe gestellt hat. Am Anfang der Geschichte konnte ich gut über seine Verhaltensweisen schmunzeln, doch zum Ende hin, war ich schon ein bisschen genervt von dem Mann und habe mich gefreut, wenn es nicht so gut für ihn lief. Sowohl der Aufbau der Geschichte als auch deren Umsetzung haben mir aber gut gefallen. Es entwickelt sich schnell eine Dynamik zwischen den Geschehnissen, der man sich schwer entziehen kann. Nur zum Ende hin, finde ich, hat Micha Lewinsky sich etwas verzettelt. So habe ich nicht verstanden was die Szene im Krankenhaus zu bedeuten hatte. Meiner Meinung nach, hätte man sie gut einsparen können, hätte sich das Ende dann vielleicht weniger in die Länge gezogen. Insgesamt haben mir Handlung ebenso wie der flüssige Erzählstil des Autors gut gefallen. Ich freue mich schon auf einen neuen Roman von Herr Lewinsky.

Fazit:

Ein unterhaltsamer Roman zum aktuellen Zeitgeschehen, der einem hin und wieder zum Nachdenken innehalten lässt.