Rezension

Eine spannende Spurensuche

Truboy -

Truboy
von Anuschka Roshani

Bewertet mit 4 Sternen

Anuschka Roshani ist ein Riesen-Fan von Truman Capote und in ihrer Faszination begibt sie sich auf die Suche nach einem der größten Mysterien, die sich um diesen schillernden Autor ranken: das verschollene, vollständige Manuskript Erhörte Gebete, das Buch, dessen Auszüge Capotes gesellschaftliche Rolle bereits vernichtet haben. Roshani interviewt sieben Zeitgenossen Capotes, von seiner Stieftochter über seinen Anwalt bis zu Freunden, die bereits auf seinem legendären Black-and-White-Ball getanzt haben. Sie alle haben ihren ganz eigenen Blick auf den irisierenden Autor, der die Welt der Schönen und Reichen kannte und aufmischte wie selten einer. Nicht jeder glaubt an das Manuskript, nicht jeder sieht Capote unkritisch, aber jeder wurde von Capote mitgerissen, auf jeden hat er einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der so stark gewesen ist, dass sie noch heute - Jahrzehnte nach seinem Tod – im Präsens von ihm sprechen.

Eine mitreißende Spurensuche und einzigartige Schlaglichter auf einen hochinteressanten Menschen und Autor: Truman Capote. Man merkt aus jeder Zeile wie sehr die Autorin Capote bewundert, wie sich für ihn begeistert, manchmal für einen weniger von Capote überzeugten Leser etwas zu enthusiastisch, aber immer nimmt sie den Leser mit. Die Interviews bieten natürlich stets einen sehr subjektiven und sehr ausgewählten Blick auf Capote und auch, wenn viele biographische Informationen mitgeliefert werden, handelt es sich hier keineswegs um eine Biographie des Autors, das wollte dieses Buch auch nie sein, und so fehlt dem weniger gut informierten Leser vielleicht die eine oder andere Hintergrundinfo – so wird das frühkindliche Trauma Capotes immer wieder angesprochen, aber der größte Teil dieser Geschichte ausgespart wie die Vaterfiguren.

Auch für diejenigen, die keine Capote-Fans sind, denen das Werk nicht gefiel oder unbekannt ist, bietet dieses Buch eine äußerst spannende Lektüre. Ein Einblick in die amerikanische High Society der 50er und 60er. Der Umgang mit Homosexualität, die große Gesellschaft der Reichen und Schönen, von Marilyn Monroe zu Marlon Brando – viele bekannte Namen und viele Verknüpfungen zur Kunstszene bis zu Andy Warhole. Die schillernde Figur Capotes als warmherziger Stiefvater und exzentrischer Künstler bis zum süchtigen Zyniker wird dem Leser nahe gebracht. Das Buch ist für sich allein bereits äußerst interessant und macht zusätzlich neugierig auf die Werke Capotes.