Rezension

Vorsicht, weckt Begierden!

Truboy -

Truboy
von Anuschka Roshani

Bewertet mit 5 Sternen

Schon das Cover eine kleine Provokation. Da sitzt das Kind, nur mit einer Shorts bekleidet, im Bette und raucht. Brille auf der Nase, konzentriert die Papiere auf seinen angozogenen Knien lesend. Später werde ich aufgeklärt, dass es sich hierbei um Truman himself handelt, im zarten Alter von 25 Jahren. Na also! Aber nur kurz bleibt der Eindruck des braven Jünglings, eines harmlosen "Truboys", bestehen, denn Anuschka Roshani stellt uns gleich auf den ersten 70 Seiten mit der Chronolgie des Scheiterns ihre zuvor vorgebrachte Chronolgie des Gelingens wieder in Frage.
Schnell hat man ein Bild voller Widersprüche vor Augen. Auf der einen Seite eine feminine Erscheinung mit zarten Gesichtszügen und fipsiger Stimme, der man jegliches Gewicht absprechen möchte, andererseits der glühende Schriftsteller, hochbegabt und detailversessen.

Auf der Suche nach den verlorenen Kapiteln eines skandalumwitterten Buches, dessen vorab gedruckte Auszüge die High Society veranlasste, ihr Schoßhündchen mit einem Tritt aus dem Olymp zu jagen, begibt sich unsere Autorin zu den letzten Zeitzeugen und Weggefährten Truman Capotes, der mit seinem Hundertsten Geburtstag, aber auch mit seinem vierzigsten Sterbejahr, uns heuer die Ehre gibt, neu- und wiederentdeckt zu werden.

Die studierte Verhaltensbiologin (hat sie deshalb die richtigen Knöpfe bei mir gedrückt?), Wahlzüricherin und Journalistin begibt sich dazu in die USA, an die Ostküste, aber auch an die Westküste, um Trumans Ziehtochter Kate Harrington, seinem Lektor Gordon Lish, Bob Colacello, intimer Begleiter Andy Warhols und damit auch im Dunstkreis um Capote, den Biografen Gerald Clarke, sowie Don Bachardy, Lawrence Grobel und die Nachlassverwalterin Luise Schwartz zu interviewen. Bei diesen Gesprächen geht es nicht nur um unseren Titelhelden, vielmehr schafft es Roshani mit einem feinen Gespür für ihr Gegenüber, der Vollständigkeit des Gesagten und der Einstreuung ihrer eigenen Gedanken ein ganzheitliches Gefühl für eine Annäherung an Capote und seine Zeit.

Spätestens ab der Information, dass Capote und Harper Lee sich aus Kindertagen kannten und eine ihrer Romanfiguren Truman zum Vorbild hatte, war meine Neugierde geweckt. Eine schwierige Kindheit, eine Begabung die Menschen mit seinen Werken für sich einzunehmen und die Sehnsucht nach Geborgenheit, trieb Capote in die interessantesten Ecken des Establishments und der Künstlerszenen, trieb ihn aber auch in die Alkohol- und Drogensucht. Dieses Spiel verlor er 1984.

Roshani überwindet die Distanz von der nüchternen Sachbuchautorin zur Erzählerin ihrer eigenen Träume, ihrem Vorbild nachzuspüren, ihn zu vervollständigen. Mich hat sie mit ihrer Leidenschaft für das Thema überzeugt, ich habe mich über ihren Erfolg gefreut, aber hauptsächlich brenne ich jetzt für Capotes Werke. Mit freundlicher Unterstützung des Kain & Aber Verlags stürze ich mich auf den Tatsachenroman "Kaltblütig", mit dem Capote erstmals die Wege des New Jounalism betrat und halb Amerika in die Buchläden trieb.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 03. Oktober 2024 um 22:05

Kaum was könnte mich weniger interessieren als Truman Capote.

Emswashed kommentierte am 04. Oktober 2024 um 09:04

Oki, doki, neue Überschrift: Weckt nicht bei allen Begierden. Besser?

wandagreen kommentierte am 04. Oktober 2024 um 09:24

nö, nö, Emsi, lass mal.