Rezension

Eine fantastisch angehauchte Welt, die mit der Grausamkeit gegenüber einzelnen Gruppen schockiert

Das Juwel - Die Gabe - Amy Ewing

Das Juwel - Die Gabe
von Amy Ewing

Inhalt:
Der Adel der Einzigen Stadt stand kurz vor dem Untergang. Die Familien konnten keine gesunden Kinder mehr gebären. Bis ein Forscher herausfand, das bei manchen Mädchen aus dem niedrigsten Stand der Einzigen Stadt eine genetische Mutation auftritt, die es ihnen möglich macht, beinahe magische Fähigkeiten an den Tag zu legen.
Sie lernen, die drei Auspizien zu kontrollieren und als Leihmütter für den Adel zu fungieren, um die genetischen Defekte mithilfe ihrer Begabung auszugleichen.

Violet lebt schon seit Jahren in Southgate, der Verwahranstalt für Surrogaten, wo sie die drei Auspizien bis zum Zusammenbrechen geübt hat. Nun steht der Tag der Auktion kurz bevor. Der Tag, an dem sie von einer der adligen Damen ersteigert wird, um deren Kind auszutragen und mithilfe ihrer Fähigkeiten den Wünschen entsprechend „gestalten“ zu können. Doch Violet hat sich dieses Leben nicht gewünscht und auch wenn es ihr theoretisch an nichts fehlt, ist sie ein „Ding“, ein „es“, das von der Herzogin vorgeführt wird. Zug um Zug entdeckt Violet, was im Juwel der Einzigen Stadt wirklich vor sich geht.

Meinung:
Erneut hat ein Cover meine volle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der Klappentext klang interessant, etwas mysteriös und machte mich absolut neugierig.

Schnell lernte ich Violet Lasting kennen. Ein Surrogat in der Verwahranstalt Southgate. Erst Seite für Seite entschlüsselte ich, was ein Surrogat denn ist und welche Fähigkeiten bzw. Verpflichtungen daraus resultieren.

Diese Grundidee von Amy Ewing fand ich äußerst gelungen. Die Surrogaten haben die Fähigkeit, Dinge mittels Gedankenkraft zu verändern – nehmen dafür jedoch starke Schmerzen in Kauf. Sie können Farbe, Form und Wachstum verändern. Und dafür werden sie von ihren Familien isoliert, gut versorgt und später an die meistbietende adlige Dame verkauft, ohne dass sie wirklich wissen, wie es ihnen in der Stadt ergehen wird oder was es wirklich bedeutet, eine Leihmutter zu sein. Denn bisher ist dieses Wort nur reine Theorie.

Die grausame Wahrheit über das Leben eines Surrogaten erkannte ich gemeinsam mit Violet, die ihren Namen ablegen musste, erst, als sie von der Herzogin am See ersteigert wurde. Das Leben eines Surrogaten ist nichts wert. Es wird gut versorgt, aber behandelt wie ein Haustier oder ein Prestigeobjekt. Violet bekommt die Anfeindungen der Gründerhäuser und die Intrigen untereinander hautnah mit.

Ich war wirklich schockiert über die Behandlung der Surrogaten, selbst die Dienstboten nennen sie „es“, vom Adel ganz zu schweigen. Bei jeder Bezeichnung mit „es“ bin ich innerlich zusammengezuckt und konnte mich kaum mehr auf die Entwicklung der Geschichte konzentrieren. Denn es wurde immer schlimmer, je mehr ich erfahren habe. So hatte ich auch das Gefühl, zwischendurch den roten Faden zu verlieren, nicht mehr zu verfolgen, um was es der Autorin wirklich ging. Denn aller Widrigkeiten zum Trotz gibt es eine (sehr plötzliche) Liebesgeschichte, eine verbotene Liebe, die doch von Anfang an zum Scheitern verurteilt zu sein scheint.
Auch die Rolle des männlichen Gegenstücks zu Violet – Ash -  fand ich absolut gelungen – denn auch er führt ein so falsches Leben als „Objekt“, auch wenn es im ersten Moment anders aussieht.

Das Setting der Einzigen Stadt hat mir gefallen, auch wenn es mir vorkam, dass alles, was nicht direkt mit den unzähligen adligen Damen (und unzähligen Namen!) zu tun hatte, einfach ausgeblendet wurde. Die adligen Männer wurden einfach als trinkende und rauchende Typen erwähnt und sind eigentlich nur ab und an (wenn es sich nicht umgehen lässt) erwähnt. Was mit der Welt wirklich passiert ist und was jenseits der großen Mauer ist, die die Einzige Stadt umgibt, bleibt ebenfalls offen. Mir kam dieser Auftakt der Trilogie eher wie eine sehr lange Einführung in diese Welt vor und ich bin gespannt, was in den Folgebänden noch passieren wird.

Die Bedrohung, die über Violet liegt, wird im Verlauf des Buches immer präsenter, doch ging es mir nicht immer wirklich nahe, weil durch die vielen Intrigen und Hintergründe der Adligen insgesamt weniger Spannung aufkam, als ich erwartet hätte. Es war eher ein Schockeffekt, weil immer alles noch schlimmer kommen sollte – ganz gleich in welche Richtung.

Doch das Ende dieses ersten Bandes gibt wenigstens ein kleines Fünkchen Hoffnung in dieser grausamen Welt.
 
Urteil:
Amy Ewing inszeniert in „Das Juwel – Die Gabe“ eine fantastisch angehauchte Welt, die mit der Grausamkeit gegenüber einzelnen Gruppen schockiert. Die Grundidee fand ich äußerst gelungen, auch wenn mir stellenweise im Buch der rote Faden gefehlt hat. 4 Bücher für Violet, Surregat Nr. 197.

Die Reihe:
1. Das Juwel – Die Gabe
2. Originaltitel: The White Rose
(Erscheinungstermin: Oktober 2015)
3. ?

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