Rezension

very british

Der Gentleman - Forrest Leo

Der Gentleman
von Forrest Leo

Bewertet mit 4 Sternen

„Der Gentleman“, das Erstlingswerk des englischen Autors Forrest Leo, ist durch und durch very british. Schon am Cover mag der aufmerksame Käufer erahnen ,dass das Buch sich nicht so einfach in ein Genre einordnen lässt. Der sarkastische Plauderton ist sehr trocken und es reiht sich dabei Scherz an Pointe, schlauer Spruch an Randbemerkung. Der Hauptcharakter des Dichters Lionel Savage ist borniert, exaltiert, auf aristokratische Weise stinkfaul und überheblich und er bringt dies auf unnachahmlich elegante Weise auch zum Ausdruck. Und nicht genug, wird aus der Teilperspektive des treuen Butlers Simmons durch unzählige, mal längere mal knapp gehaltene, Fußnoten den Erzählungen seines Arbeitgebers noch etwas angemerkt, wobei dieser meist wiederspricht oder klar stellt, wie es wirklich war.

Nachdem ich mir bewusst gemacht habe, dass wir uns ja im London 1850 befinden, konnte ich mir Savage lebhaft vorstellen in seinem gepflegten Haus am Pocklington Place, wo er über seine Zweckehe und seine Schreibblockade jammert und seine Frau zum Teufel wünscht, da er sie für alles Negative in seinem Leben verantwortlich macht. Damit löst er allerdings Geschehnisse aus, die er so nicht bedacht hat und er macht sich auf die Suche nach seinem Eheweib, wobei ihm die energische Schwester und der Schwager zu Hilfe eilen.

Ich hatte ja mit einer ungewöhnlichen Geschichte gerechnet, aber zeitweise ist sie wirklich sehr durchgeknallt und schräg. Man muss sich von Anfang an auf Lionel Savage und seinen Charakter einlassen, sonst wird die Sache etwas anstrengend. Als ausgleichender Pol ist der Butler immer mit geerdeter Ruhe und Gelassenheit bei der Hand und am besten hat mir sowieso die Schwester gefallen, die als quirlige 16-jährige ihren unterkühlten Bruder aus seiner Lethargie herausreist.

Wie gesagt – very british.