Rezension

Auf der Flucht

Die Reise des Karneolvogels - Jeanette Lagall

Die Reise des Karneolvogels
von Jeanette Lagall

Klappentext:
Flucht war nicht der letzte Ausweg. Es war der einzige. Um der arrangierten Hochzeit zu entgehen, verkleiden sich die beiden ‘höheren Töchter‘ Riki und Myra als Knaben und schließen sich einem Wanderzirkus an. Dank ihrer neuen Identität entkommen sie zwar den Fesseln der viktorianischen Gesellschaft, doch die Welt der Gaukler ist nicht nur bunter, sondern auch gefährlicher als erwartet. Der Karneolvogel, ein mächtiges Artefakt der Gaukler, ist verschwunden und sein Hüter Ramiro schwebt in Lebensgefahr, wenn es nicht bis zur großen Versammlung wieder auftaucht. Dass nun auch noch die Liebe ihre kapriziösen Finger ins Spiel bringt, verschärft die Situation zusätzlich - denn was würden die Zirkusleute tun, wenn die Lüge der beiden ’Knaben' ans Licht kommt? Das Geheimnis muss also um jeden Preis gewahrt bleiben. Aber wie, wenn ausgerechnet derjenige Gefühle für Riki entwickelt, der sich selbst niemals eingestehen könnte, einen Jüngling zu lieben - und für den Liebe und Verrat ohnehin Hand in Hand gehen. Während die Gaukler den Spuren des Artefaktes folgen und sich herauskristallisiert, dass womöglich ein Verräter unter ihnen ist, setzen die Familien der Mädchen alles daran, die Ausreißerinnen zu finden, und bringen damit den ganzen Wanderzirkus in Gefahr ...

Die Autorin:
Jeanette Lagall hat Betriebswirtschaft studiert und viele Jahre im Marketing sehr unterschiedlicher Unternehmen gearbeitet. Dem Lesen widmet sie sich mit Begeisterung, seit sie es vor vielen, vielen Jahren in der Schule gelernt hat. Dem Schreiben allerdings erst, seit Geräte erfunden wurden, die den Lesern ihre relativ anspruchsvoll zu decodierende Handschrift zugänglich machen. Fehlte eigentlich nur noch der Schritt an die Öffentlichkeit, der 2015 mit ihrem Debütroman "Die Reise des Karneolvogels - Der Wanderzirkus" erfolgte - und der nicht der letzte sein wird.

Meine Meinung:
Riki und Myra sind freiheitsliebende Mädchen. Ihren arrangierten Ehen wollen sie mit allen Mitteln entgehen. So stellen sie sich gegen die angestaubten Konventionen und reißen einfach aus. Ihr großer Traum, sich einem Wanderzirkus anzuschließen, wird plötzlich zur Realität, denn sie werden mit offenen Armen empfangen, und wer sollte schon Verdacht schöpfen, wenn zwei Knaben ein neues Leben beginnen wollen? Mit entsprechender Kleidung und kurzgeschnittenen Haaren machen sie sich auf, um zwanglos und unter freiem Himmel zu leben. Doch man ist ihnen bereits auf den Fersen. Als dann auch noch das erste Verliebtsein den beiden in die Quere kommt, sind Verwicklungen vorprogrammiert.

Die Geschichte besticht durch einen angenehmen, detaillierten und flüssigen Schreibstil. De Figurenzeichnungen sind äußerst gelungen, allen voran natürlich Riki und Myra, denen man wünscht, dass sie nicht erwischt werden, und so leben können, wie sie möchten.
Auch die Zirkusleute sind äußerst anschaulich beschrieben. Ob Dolores, Alarico oder Urs, über den ich häufig schmunzeln musste. Alle haben eine Geschichte zu erzählen.

Natürlich ist die Suche nach dem Artefakt auch ein Thema, aber dies vergisst man leicht, weil die Handlung rund um die beiden Mädchen das zentrale Thema ist.
Ich stelle es mir spannend vor, mit einem Wanderzirkus mal eine Weile mitzuziehen und den Geschmack dieser Art von Freiheit zu kosten. Auftritte in verschiedenen Orten, zusammen essen am Lagerfeuer, in den Himmel blicken, wenn die Sterne funkeln.
Aber auch solch ein Leben hat seinen Preis, wenn man auf der Flucht ist. Und diese ist allgegenwärtig, denn vergessen werden die Mädchen bei ihren Familien, dem Internat und den potentiellen Ehemännern sicher nicht.

"Die Reise des Karneolvogels: Der Wanderzirkus" ist ein gelungener Auftakt über das Dasein zweier Mädchen, die ungezwungen ihren Traum leben wollen, und denen so manches Abenteuer bevorsteht.

Das Cover, die Rückseite und der Buchrücken sind hochwertig und edel gestaltet. So etwas sieht man selten.

4 Sterne.