Rezension

Aufklärung mit Nadelstichen

Alte Eltern -

Alte Eltern
von Volker Kitz

Es betrifft so viele, doch immer noch ist es ein Tabuthema, dem man sich selbst nicht stellen möchte, über das man im Familienkreis nicht sprechen mag, von dem man nur hofft, dass es einem selbst oder einem nahen Angehörigen nicht geschieht. Und schon da setzt ein durch Mark und Bein gehender Spruch gleich zu Buchbeginn ein.

Man kommt beim Lesen nicht zur Ruhe. Es wird irgendwie immer schlimmer, ständig kommt etwas neues hinzu. Kurze Verschnaufpausen, dann wieder Nadelstiche in Herz und Kopf, denn beim Lesen sieht man ununterbrochen sich selbst und die eigenen Angehörigen vor sich. Der Autor versteht es, durch einfaches und schonungslos offenes Erzählen, unter Preisgabe persönlichster Gedanken und Gefühle, beim Leser fast dieselbe Stimmung zu erzeugen, die während der gesamten letzten Lebensphase des Vaters in ihm und seinem Umfeld herrschte.

Das Buch beruhigt nicht. Man weiß ja nun, was kommt oder kommen kann. Man weiß es ja auch irgendwie schon vorher. Es gibt kein Entrinnen. Wenn es kommt, dann muss man durch. Doch dieses Irgendwie ist nach der Lektüre weg. Dieses am eigenen Leibe erleben und damit leben und umgehen MÜSSEN wird in einer Deutlichkeit klargemacht, dass es kein Wegducken mehr gibt. Wie man selbst damit umgehen wird, sagt dann auch sehr viel über einen selbst. Man ist intensiv bei sich und vor allem beim anderen. Man hat hat sich ja noch.

Ich bin froh über diesen persönlichen Erlebnisbericht. Dieser tiefe Einblick in das Innerste einer Familie, in Menschen hat mir die Angst zwar nicht genommen, doch eine Richtung vorgegeben. Ich nehme die Emotionen, Fragen und Fakten auf. Für alles weitere Drumherum gibt es abgeklärte Ratgeber. Die Hoffnung, dass es einen nie treffen möge, ist zwar ungebrochen, doch steht man andernfalls nicht mehr vor einem Abgrund und die persönliche Welt kann nicht mehr untergehen. Danke.