Rezension

Cannery Row

Die Straße der Ölsardinen - John Steinbeck

Die Straße der Ölsardinen
von John Steinbeck

Bewertet mit 5 Sternen

Eine faszinierende Gesellschaftsstudie aus dem Hafenmilieu der 1920/30er Jahre im kalifornischen Monterey.

Wir befinden uns in Monterey, einer kleinen Stadt südlich von San Francisco, in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. In der Cannery Row, die Straße der Sardinen-Fabriken, ist das Leben für die Menschen die wir dort kennenlernen mühsam und hart, dennoch sind sie mit ihrem Los zufrieden. Da sind Mack und seine Jungs, eine Clique von Faulenzern, die auch gerne mal dies oder jenes mitgehen lassen, ansonsten aber immer hilfsbereit sind. Sie hausen in einem alten Schuppen, den sie sich von dem Chinesen Lee Chong, dem Besitzer eines Kramladens, „ausgeliehen“ haben. Nebenan ist auch das „Restaurant Flotte Flagge“, ein Bordell, das von Dora Flood geführt wird. Sie ist sehr geschäftstüchtig, aber äußerst weichherzig und liebevoll zu ihren Mädchen. Dann ist da noch Henri, der schon jahrelang an seinem Hausboot baut, das aber nie fertig wird, weil er Angst vor dem Wasser und den Wellen hat. Der arbeitslose Sam Malloy mit seiner Frau lebt ebenfalls hier. Die beiden wohnen in einem alten Dampfkessel, der in der Fischfabrik ausgedient hat und jetzt auf einem verkommenen Lagerplatz abgestellt ist. Die Seele der Canney Row aber ist der Doc, ein Biologe, dessen Laboratorium, das „Western Biological“, zugleich seine Wohnung ist. Er ist beliebt bei den sozialen Außenseitern, hilft stets in Notfällen und bei Krankheiten, dennoch ist er ein einsamer Einzelgänger. Das ändert sich, als seine Freunde beschließen, ein Fest für ihn zu veranstalten …

John Steinbeck lebte von 1902 bis 1968. Er war US-amerikanischer Schriftsteller und einer der meistgelesenen Autoren des 20. Jahrhunderts. Er schrieb zahlreiche Romane, Novellen und Kurzgeschichten, verfasste Drehbücher, arbeitete zeitweilig als Journalist und war Kriegsberichterstatter im Zweiten Weltkrieg. 1940 erhielt er den Pulitzer-Preis für seinen Roman „Früchte des Zorns“ und 1962 den Nobelpreis für Literatur.

Die Fischfabrik existiert nicht mehr, dafür steht an deren Stelle jetzt das weltbekannte Monterey Bay Aquarium. Dennoch kann man sich beim bummeln in der Cannery Row die von John Steinbeck in seinem wunderbaren Roman „Die Straße der Ölsardinen“ geschilderten Ereignisse lebhaft vorstellen. Leider hatte ich bei meinem Besuch in Monterey vor etlichen Jahren das Buch noch nicht gelesen, was ich im Nachhinein sehr bedauere.

In 32 Kapitel berichtet der Autor über tragische, komische und erheiternde Begebenheiten, die sich gelegentlich ins Groteske steigern. Dass Steinbeck ein Meister der Erzählkunst ist, merkt man schon nach wenigen Zeilen. Man taucht ein in seine beschriebene Welt, fühlt sich plötzlich als Nachbar, denkt man gehört dazu und trifft auf alte Freunde. Es gelingt ihm, selbst aus Gaunern, Ganoven und Vagabunden die liebenswerte Seite hervorzuholen, so dass sie einem am Ende regelrecht ans Herz gewachsen sind. Man freut sich, wenn ihnen ein guter Coup gelungen ist und sie dabei nicht erwischt wurden. Gewiss handelt es sich um einen romantisch verklärten Roman, der sich aber wunderschön liest und ein wohliges Gefühl hinterlässt.

Fazit: „Die Straße der Ölsardinen“ zu lesen war für mich ein angenehmes Erlebnis – ich empfehle das Buch deshalb gerne weiter!