Rezension

Chaos durch zu viel Brisanz

Deine letzte Stunde - Carlos Montero

Deine letzte Stunde
von Carlos Montero

Bewertet mit 2.5 Sternen

In „Die letzte Stunde“ des spanischen Autors Carlos Montero geht es um Raquel, eine junge Aushilfslehrerin Anfang 30, die für 7 Monate an einer Schule in einem heruntergekommenen spanischen Viertel einen Literaturkurs einer 12. Klasse übernehmen soll, da die Vorgängerin Elvira Ferreiro (kurz Viruca) tot aufgefunden wurde und der erste Vertretungslehrer nach kurzer Zeit wegen Depressionen gekündigt hat. Mit diesen Informationen geht Raquel an die Schule und findet sich einem Kurs von Schülern gegenüber, in dem drei ziemlich aus der Reihe tanzen und sie auf’s Übelste provozieren und erpressen. Sie ahnt, dass hinter dem Tod von Viruca vielleicht doch mehr steckt als allgemein angenommen. Da sie selbst privat auf prekäre Art bedroht wird, will sie ohne die Polizei auf eigene Faust dahinter kommen und gerät so immer tiefer in das, was wirklich hinter dem Geschehen steckte und bei weitem noch nicht zu Ende ist.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und der Spannungsbogen überzeugend. Man liest das Buch zu Ende, weil man wissen will, was nun hinter dem Tod der Lehrerin steckt und wer hinter Raquel her ist. Bis zuletzt halten sich die Verdachtsmomente die Waage.

So weit so gut. Wenn man allerdings das Buch am Ende zuschlägt, steht man leider ziemlich geplättet und ratlos da. Man wurde letztlich von unzähligen Themen, die für sich gesehen durchaus etwas mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung verdient gehabt hätten, regelrecht erschlagen. Alkohol, Drogen, Prostitution, Mobbing, Betrug, Fremdgehen, Verrat, echter und versuchter Mord und Totschlag an Mensch und Tier, Vertrauensmissbrauch und Internet-Hacking sind die, die mir ad hoc einfallen, aber es gibt sicherlich noch mehr. Vor allem das Verhalten von Raquel ihren Schülern gegenüber stößt wohl jedem pädagogisch auch nur ansatzweise fähigen Menschen auf und nicht nur Fachleuten.

Je mehr man über den Inhalt des Buches nachdenkt, diskutiert und sich austauscht, desto mehr Ungereimtheiten treten zutage, so dass am Ende ein recht unbefriedigendes Gefühl übrig bleibt, das man während des Lesens so in der Form gar nicht hatte!

Vielleicht liegt es mitunter daran, dass der Autor für Drehbücher bekannt ist. Beim Film schießt man ja gerne mal über das Ziel hinaus und es kann gar nicht genug Brisanz, Action und Themenvielfalt geben. 

Das Buch hatte thematisch sehr viel Potential, das aber leider nicht genutzt wurde, sondern statt dessen in zu viele Rand-Themen versprengt wurde. Am Ende bleibt nur ein Bild des vollendeten Chaos übrig, und man weiß gar nicht, worum es in dem Buch eigentlich ging.

Alles in allem kann ich aus den oben genannten Gründen nur 2,5 Sterne geben.