Rezension

Commissario Grauner legt sich mit der Mafia an

Das dunkle Dorf -

Das dunkle Dorf
von Lenz Koppelstätter

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mitten in der Ski-Saison wird Commissario Grauner zu einem rätselhaften Mordfall gerufen: Ein im Grödnertal bekannter Dorfpolizist wird ermordet in einem Hotelzimmer aufgefunden. Während sein neapolitanischer Kollege Saltapepe inkognito als Gast im Hotel eincheckt und sogar Skifahren lernen möchte, stolpert er regelrecht über seine Vergangenheit – besser gesagt über die Tochter seines Erzfeindes, einem Mafiaboss, den er vor einigen Jahren ins Gefängnis gebracht hat. Die Ermittler glauben nicht an einen Zufall, auch wenn die Anwesenheit der Mafia nicht ins beschauliche Südtirol passt. Doch bevor sich Grauner die Zusammenhänge erschließen nimmt der Fall eine neue Brisanz an, denn plötzlich sind Grauners Frau und seine Tochter verschwunden…

„Das dunkle Dorf“ vom Südtiroler Autor Lenz Koppelstätter ist der sechste Fall der Krimi-Reihe rund um Commissario Grauner. Auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände werden die Zusammenhänge schnell verständlich, der Band lässt sich ohne Probleme auch als „Zwischeneinsteiger“ lesen. Ich hatte zu Beginn kurz Schwierigkeiten mit den vielen unbekannten Personen, da diese aber sehr individuell geschildert und Zusammenhänge erläutert werden  hat sich das schnell gelegt. Irritierend fand ich lediglich, dass diese größtenteils nur mit Nachnamen beschrieben werden, was sie für mich unpersönlicher hat wirken lassen.

Das Cover gefällt mir sehr gut, es ist sehr atmosphärisch gestaltet und versetzt den Leser direkt in die richtige Stimmung für einen Südtirol-Krimi. Es zeigt zwar eine winterliche Idylle, durch die dunklen, eindrucksvollen Berge, die aufziehenden Wolken und vor allem die einsamen  Fußspuren am unteren Ende wirkt es dennoch bedrohlich und macht neugierig, wer hier alleine in der verschneiten Landschaft unterwegs ist. Gut gefallen haben mir auch die geographischen Karten im Buch, auch wenn ich während des Lesens teilweise etwas enttäuscht war, dass diese leider nur wenig genutzt werden können, da einige erwähnte Orte nicht darauf abgebildet sind.

Zunächst habe ich den Schreibstil als etwas holprig empfunden und ich habe etwas gebraucht, bis ich Zugang zur Geschichte finden konnte. Die Perspektiven zwischen unterschiedlichen Personen wechseln häufig und es dauerte immer etwas, bis ich verstanden habe aus wessen Sicht und zu welcher Zeit gerade erzählt wurde. Das hat zunächst etwas Konzentration erfordert, als ich mich aber daran gewohnt hatte war das Buch flüssiger und stellenweise aufgrund von Situationskomik sehr humorvoll zu lesen. Gut gefallen hat mir auch, dass die Kapitel eine angenehme Länge haben.

Der Einstieg in das Buch hat mir unheimlich gut gefallen: Es startet recht allgemeingültig mit Bemerkungen über die Nachbar- und Gemeinschaft in einem kleinen Dorf mit all seinen Vor- und Nachteilen. Dann werden langsam verschiedene Handlungsstränge aufgebaut, die auf den ersten Blick kaum etwas miteinander gemein haben, so dass man als Leser zum miträtseln aufgefordert ist. Insgesamt ist der eigentliche Fall um den toten Dorfpolizisten aufgrund der vielen anderen Handlungsstränge leider etwas in den Hintergrund gerückt, so dass ich ihn zwischendurch fast vergessen hätte. Diese waren zwar interessant, entwickeln sich aber eher gemächlich – was gut zur Person Grauner und dem verschneiten Südtiroler Flair passt, ich mir aber trotzdem etwas mehr Spannung gewünscht hätte. Am Ende war es mir dann fast etwas zu viel an Ungeheuerlichkeiten und Verbrechen im kleinen beschaulichen Wolkenstein. Das Ende war zwar aufregender, aber ein großer Showdown blieb aus. Trotzdem haben sich alle Handlungsstränge logisch und sinnvoll verknüpft und auch die eine oder andere Überraschung war dabei. Richtig geärgert habe ich mich über den fiesen Cliffhanger im Epilog, da er die für mich eigentlich runde Geschichte etwas ruiniert hat. So scheint es als hätte noch schnell ein neuer Handlungsstrang eröffnet werden müssen, damit auch bloß jeder den Folgeband kauft. Schade, das hätte es nicht gebraucht.

Auch wenn es etwas länger gebraucht hat, bis mich „Das dunkle Dorf“ gepackt hat und ich mir mehr Spannung erhofft habe, hatte ich doch eine gute Lesezeit. Die südtiroler Ermittler sind allesamt Originale und mir trotz – oder wegen? – ihrer Eigenheiten ans Herz gewachsen. Auch die bildhaften Beschreibungen des Grödnertals haben mir wahnsinnig gut gefallen und richtig Lust auf einen Urlaub in den verschneiten Bergen gemacht.