Rezension

Das Lieben ist keine verdammte Sackgasse...

Das Lied der Biene -

Das Lied der Biene
von Gabriela Gross

Ein ganz wunderbares Wohlfühlbuch mit Tiefgang und wertvollen Zitaten der Autorin.

Marga ist eine ordentliche Frau, die ihrem Beruf als Haushältern mit Leidenschaft nachgeht. Ihrem Motto, "Es kommt nicht darauf an, was du tust, Marga, sondern wie du es tust. Jede Arbeit kann dich stolz machen. Es liegt an dir.", ist sie viele Jahre lang treu geblieben, beruflich und privat. Doch mit Anfang ist nun gerade der Wurm drin. Ihre Tochter Conny ist mit ihr, ihrer Lebenseinstellung und ihrem Lebensstil, überhaupt ihren antiquierten Meinungen, so gar nicht einverstanden und ihr Arbeitgeber Herr Paul Albrecht, der eine höchst erfolgreiche Hotelkette leitet und für den sie mehr als gerne arbeitet, immer mal einen besonderen Kuchen für ihn, Paul, backt. In Gedanken nennt Marga Herrn Albrecht Paul, über das Warum macht sie sich nicht so viel Gedanken. Sie fühlt sich in seinem Haus, mit ihm und ab und an seiner Stieftochter Inga ganz wohl. Doch seit einiger Zeit hat sich das verändert, denn Paul hat sich in die ambitionierte Jungdesignerin Sybille verliebt und möchte sie heiraten. Wäre ja nicht so schlimm, doch Sybille behandelt Marga nicht wie ein Mensch, sondern wie....tja, und da wird Marga bewusst, dass sie ihr Leben nicht mehr an sich vorbeiziehen lassen möchte, so wie Conny es ihr vorgeworfen hat, sondern will bei Paul kündigen.
Da stirbt Sybille unerwartet und eine Biene ist wesentlich an ihrem Ableben beteiligt. Paul fällt in tiefe Trauer und bei Marga melden sich die Schatten lang verdrängter Trauer ebenfalls. Darüber hinaus macht sich Marga tiefe Vorwürfe, das darf der Leser jedoch selbst herausfinden.
Und nun kommt etwas zustande, was eine solche Eigendynamik entwickelt und alle Protagonisten auf sehr besondere Weise herausfordert. Marga sieht Pauls Verzweiflung und Trauer und möchte etwas gutmachen. Somit entschließt sie sich ihm eine besondere und tröstende E-Mail zu schreiben, natürlich anonym, sie ist ja nun immer noch seine Haushälterin. Damit geht es ihr schon viel besser, womit sie nicht gerechnet hat, ist, dass Paul sich auf eine ganz tiefe Art und Weise in seiner Seele angesprochen fühlt. So hat ihm noch niemand geschrieben und er antwortet der unbekannten Schreiberin. Es entwickelt sich ein interessanter und emotionaler E-Mail-Verkehr, der sehr viel mit Bienen zu tun hat und es kommt natürlich zu Verwicklungen und auch zu Turbulenzen, doch auch das darf der Leser selbst miterleben, wenn er sich mit Marga und Paul auf eine Reise nach Portugal begibt. Dort möchte Paul nämlich sein neues Hotel einweihen und das sorgt für einige Überraschungen, mit denen keiner der Beteiligten gerechnet hat, denn ganz zufällig entdeckt Paul, wer die geheimnisvolle Schreiberin wirklich ist....
Gabriela Gross ist mal wieder eine ganz feine und tiefsinnige Geschichte gelungen. Die Charaktere sind so bildhaft gezeichnet, dass ich mich in Marga, einer Durchschnittsfrau, die gar nicht so durchschnittlich ist wie sie anfangs denkt, gut identifizieren konnte. Auch die nicht unkomplizierte Beziehung zu ihrer Tochter Conny konnte ich gut nachvollziehen, das Aktzeptieren lernen und Loslassen. Marga stehen zwei Freundinnen zur Seite, Eva und Kirsten, die nicht verschiedener sein könnten und denen es dennoch gelingt eine wertschätzende Freundschaft zu führen, das macht schon Lust auf eine Fortsetzung:)
Paul ist auf der einen Seite ein Arbeitstier, aber auch ein absoluter Familienmensch und gerade im letzten Drittel finde ich sein Verhalten und seine Ansichten sehr außergewöhnlich. Auch ihm steht ein guter Freund zur Seite, auch als Paul in seiner Trauer eine erschreckende Entdeckung macht. Mir hat diese Geschichte sehr gut gefallen, sie enthält gelebtes Leben der Autorin, die der Leser in den wertvollen Zitaten genießen darf und regt in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken an. Der Leser darf die Entwicklung von Marga und Paul miterleben, erst jeder für sich um seine ganz eigenen Themen zu bewältigen und anzugehen um dann...ach, einfach mal lesen, es lohnt sich:)