Rezension

Das Rauschen der blauen Muschel

Der Klang der blauen Muschel - Beatrix Mannel

Der Klang der blauen Muschel
von Beatrix Mannel

Bewertet mit 5 Sternen

Sophie und Henriette sind Zwillinge und stehen sich sehr nah. Alles haben sie bisher geteilt, einschließlich ihrer Geheimnisse.
Aber nun müssen sie sich trennen, denn Sophie ist krank und kann nicht gemeinsam mit der Mutter und den Schwestern nach Samoa zu ihrem Vater übersiedeln, der dort Fuß gefasst hat. Schweren Herzens trennen sie sich, mit dem Versprechen, doch alles für die Schwester aufzuschreiben.
Kaum in Samoa eingetroffen, offeriert Henriette der Vater, dass er sie zu verheiraten gedenkt. Der Ausgewählte ist Ernst-Otto-Hofmann, den er aus seiner Goldgräberzeit kennt und der ihn in der Hand hat, ihn erpresst.
Henriette wüsste zu gern, womit und gedenkt, das herauszubekommen.

Sehr zum Unmut ihrer Eltern hat Henriette sich mit den Einheimischen Somoanern Tamatoa, Sina und Taufa angefreundet. Sie fühlt sich zu Tamatoa hingezogen, aber eine Beziehung zwischen den beiden darf es nicht geben. Tamatoa schenkt ihr eine blaue Muschel, die etwas ganz besonderes ist und zu manchen Menschen spricht.
Von da an überschlagen sich die Ereignisse ...

Viele Dinge stürmen plötzlich auf Henriette ein. Hofmann entpuppt sich als der Mann, der er ist, aber ihr Vater besteht trotz allem auf die Hochzeit. 
Als Hofmann jedoch eine Straftat begeht, die weitreichende Folgen haben wird für Samoa und auch für Henriette, beschließt diese gegen alle Vernunft, ihn zu retten, womit sie einen schwer wiegenden Verrat begeht.

Während dieser Zeit "spricht" auch die Muschel mit ihr, die ihr Kontakt mit ihrer Schwester beschert und die Unheil "ankündigt".

Ihre Schwester, die bis dahin auch einen Leidensweg hinter sich hat, trifft sie erst später in San Francisco wieder. Im Schlepptau hat sie einen Fotografen, Julius von Sommerfeld, den Henriette vor langer Zeit einmal auf einer Seance kennengelernt hatte. Er hat seinerzeit sein Herz an Henriette verloren und hoffte immer auf ein Wiedersehen.

Nachdem die Autorin mich mit ihrem letzten Buch mit nach Madagaskar genommen hatte, habe ich mich auch auf Samoa eingelassen. Eine Inselgruppe, die 14 Jahre lang (1900 - 1914) eine deutsche Kolonie war. In diese Zeit hat die Autorin auch ihre Geschichte angesiedelt.
Sehr gut recherchiert, erfährt man als Leser von den Mythen und Erzählungen der Insel und vom Leben der Samoaner. Selbst die Schönheit der Insel bringt sie dem Leser nah. Ich hatte fast das Gefühl, ich würde am Meer stehen und die Wellen auf mich zurollen hören.

Ebenso ist es ihr gelungen, die große Erdbebenkatastrophe von San Francisco im Jahre 1906 bildhaft widerzugeben. Sie spürbaren Ängste der Betroffenen waren glaubwürdig dargestellt und konnten nachvollzogen werden.

Es ist die Geschichte zweier Schwestern, die trotz Trennung das Zusammengehörigkeitsgefühl nie verloren haben. Beide sind sich nah, auch wenn sie getrennt sind. Beide gehen den Weg, den sie für sich als richtig empfinden, entgegen den Wünschen bzw. Befehlen der Eltern. Sie sind gegen Ungerechtigkeit und setzen sich zur Wehr. Sie haben Träume, die sie verwirklichen wollen, auch wenn es nicht jeder von ihnen gegeben ist.

Die Geschichte der Schwestern lässt den Leser mitfiebern, wie es den beiden ergehen wird. Man erlebt mit, wie aus 2 jungen Frauen, die das Leben auf die leichte Schulter nehmen, 2 selbstbewusste Frauen werden, die wissen, was sie vom Leben wollen.
Mit der Entführung des Lesers auf die bezaubernde Insel Samoa und dem Erlebnis des furchtbaren Erdbeben in San Francisco rundet die Autorin ihre Geschichte ab, macht sie glaubhaft und authentisch.

Ein wundervoller Roman, den man nicht aus der Hand legen mag, der einen auf eine zauberhafte Insel entführt und der den Leser auch in eine Welt der Mythen und Hoffnungen entführt.
Ich spreche eine klare Leseempfehlung aus.