Lesen, lesen, lesen, und du wirst das Rauschen hören
Bewertet mit 5 Sternen
Im Jahr 1905 wandert die Familie Mayberg von München nach Deutsch-Samoa aus, eine der Südseekolonien. Dort hatte man eine Plantage gekauft. Sehr zum Entsetzen von Henriette muss die geliebte Schwester Sophie in München bleiben, da sie nur wenige Wochen vor der Abreise schwer erkrankt war. In San Francisco macht die Familie Zwischenstopp bei Henriettes Patentante. Tante Berta unterhielt dort ein Hotel. Auf Samoa angekommen, lernt Henriette schon gleich Tamatoa kennen, ein Samoaner. Auf der Plantage in Samoa herrscht zwar ein anderes Leben, aber die bürgerlichen Konventionen haften wie Mottenkugeln in der Gesellschaft. Henriettes Vater hat vor, sie mit Herrn Hofmann zu verheiraten. Dessen Person und Beruf sind nicht klar.Durch diese Heirat soll eine alte Schuld von Herrn Mayberg aus der Goldgräberzeit beglichen werden, dem Zeitraum in Klondike, wo er in den Goldbesitz kam.
Schon in München hatte Henriette mysteriöse Anfälle, bei denen sie wie in Trance schreiben musste. Auch in einer Sprache, die sie gar nicht kannte. Kam daher ihr Wunsch Reiseschriftstellerin zu werden?
Die immer wiederkehrenden Begegnungen mit den Samoanern und die Lebensart interessierten Hennriette. So macht Tamatoa ihr eines Tages ein ganz besonderes Geschenk, eine blaue Muschel. Nur wenigen war es vorbehalten, das Rauschen in ihr zu hören.
Bereits in San Fransisco hatte Henriette Chinesen kennengelernt. Auf der Plantage beschäftigte man als Hausmädchen Nian. Zurückhaltend, von der Mutter wie ein Mensch der letzten Klasse behandelt, zeigt sich im Laufe der Handlung, welche Würde und Klugheit in ihr steckt.
Als das Kartenhaus von Herrn Hofmann nach und nach einfällt, immer mehr Lügen aufgedeckt werden, dreht dieser den Spieß um und begeht einen Vertrauensbruch gegenüber den Samoanern.
Henriette sieht keinen anderen Ausweg mehr und flüchtet zu Tante Berta nach San Fransisco. Im Gepäck die blaue Muschel.
„Der Klang der blauen Muschel“ ist eine historische Zeitreise. Wie schon oben erwähnt, gehörte Samoa früher zu den deutschen Kolonien. Detailliert und gut recherchiert liest man in der Handlung von den alten Traditionen, ebenso baut sich während des Lesens ein ganz wunderbares, unbeschreiblich tolles Gefühl auf, so dass man sich mitten an den Ort des jeweiligen Geschehens glaubt.
Aber auch die Zeit in San Fransisco, als das Erdbeben 1906 die Stadt heimsuchte, war beeindruckend geschildert.
„Der Klang der blauen Muschel“ ist ein Wow-Erlebnis, ein Buch, dem man sich nicht entziehen kann, wenn man es erst einmal angefangen hat zu lesen.
Wie so oft geht es um Liebe und Verrat, um Familien mit ihren Geheimnissen. Die damaligen Kolonien, egal ob in der Südsee oder in Ostdeutsch-Afrika, bieten wunderbare Schauplätze für traumhaft geschriebene Romane.
Auf jeden Fall sollte man das Nachwort bzw. hier heißt es „Statt eines Nachworts …“ lesen und das anhängige Glossar.
fa'afetai