Rezension

Das Thema Nahost Konflikt emotional umgesetzt

Ismaels Orangen - Claire Hajaj

Ismaels Orangen
von Claire Hajaj

~~Claire Hajaj erschafft mit „Ismaels Orangen“ ein Buch, das sich abseits der gängigen heiteren Frauenliteratur bewegt.

Die Handlung spielt grob gesagt zwischen den Jahren 1930 und 1970 und erzählt das Leben zweier ganz unterschiedlicher Familien, ihrem Konflikt mit den Kulturen und ihren eigenen Werten, nur um dann Generationen später durch die beiden Hauptfiguren aufeinander zu treffen.

Zunächst wechselt die Sichtweise ständig. Mal erfahre ich etwas aus dem Leben von Salim, um dann ein paar Zeilen später in das Leben von Judith einzutauchen. Erst im späteren Verlauf finden beide Handlungsstränge zusammen. Ich erfahre eine Weile etwas aus dem gemeinsamen Leben, bis wieder Salims Ansicht und sein Blickwinkel vorherrschend ist und mich zum Ende des Romans hin begleitet.

„Ismaels Orangen“ ist kein Buch für Nebenbei und auch nicht für Zwischendurch. Es fordert den Leser heraus, sich auf die Handlung und die Geschichte einzulassen und sich mit dem Zeitgeschehen auseinander zu setzen.

Krieg, Tod, Hass, Zerstörung, Verzweiflung aber auch Wut sind all die negativen ständigen Begleiter dieser Handlung. Die Autorin versucht zu berichten, aufzuklären und zu informieren und kann mich nur zu gut mit der ganzen Grausamkeit der Dinge erreichen. Ich denke es gelingt ihr so gut, weil sie mit dieser Geschichte einen eigenen familiären Hintergrund verbindet.

Claire Hajaj gelingt es dabei wie kaum einer anderen Schriftstellerin vor ihr, den Konflikt der Kulturen, den Nahost Krieg und seine Emotionen darzustellen.

Sie beginnt in der Kindheit der Protagonisten und lässt mich Stück für Stück deren Heranwachsen, die einzelnen Lebensabschnitte und die Entwicklung der Figuren verfolgen. Dabei stellt sie anfangs die innere Zerrissenheit gegenüber den Eltern in den Vordergrund, um später dann darauf aufzubauen, was diese Erziehung mit den erwachsenen Menschen gemacht hat und wie sie durch diese geprägt worden sind.

„KANN LIEBE HEILEN, WAS IN HASS BEGRÜNDET LIEGT? „

Den Blickwinkel, den sie auf die einzelnen Kulturen, ihre Art zu leben, ihre Traditionen aber auch ihre Vorurteile und Probleme legt, ist schon sehr fesselnd. Ich tauche im Verlauf des Romans immer mehr in die jeweilige Kultur ein und kann die Unterschiede erkennen und verstehen. Zugleich machen mich aber auch die Probleme, geschaffen eigentlich von früheren Generationen, sehr traurig und gehen mir nah.

„Claire Hajaj schafft es, dass immer noch aktuelle Thema des Nahost –Konfliktes aus den Nachrichten heraus, in die Herzen zu transportieren.“

Claire Hajaj erreicht mit einer Emotionalität, die einfühlsam aber doch ehrlich ist, mich einzubinden und den inneren Konflikt der beiden Liebenden zu verstehen und zu verfolgen. Ein ums andere Mal kämpfe ich mit den eigenen Gefühlen und würde am liebsten durch das Buch greifen um klärend zwischen den beiden Protagonisten stehen zu können. Doch den inneren Kampf zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart müssen beide für sich austragen, um erkennen zu können was wichtig ist und das man vergangenes nicht ungeschehen machen kann. Die Liebesgeschichte macht die Thematik greifbar und erlebbar, da sie am Alltag zeigt,was mit den Menschen passiert, was sie fühlen und wie sie denken. Erlebnisreicher und transparenter als Claire Hajaj kann man dies gar nicht vermitteln.

Besonders gut finde ich, das die Autorin mit ihrer Liebesgeschichte nicht ins kitschige abdriftet, sondern ehrlich und sorgsam damit umgeht und dem Roman dadurch die nötige Ernsthaftigkeit nicht verloren geht.