Rezension

Der alte Mythos Frankenstein

Biblioteca Obscura: Frankenstein -

Biblioteca Obscura: Frankenstein
von Mary Shelley

Die eigentliche Handlung rund um den Schweizer Viktor Frankenstein und sein Monster wird im Rückblick erzählt, teils aus der Ich-Erzählperspektive, teils in Briefform. Die interessante Szenerie der Rahmenhandlung spielt auf einem Schiff auf wissenschaftlicher Expedition in die Arktis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Überraschend für dieses von ihm geschaffene, 2,40 Meter große Monster ist dessen Welt zwischen Gutem und Bösem, zwischen gutwilligen und rachsüchtigen, gewaltbereiten Gedanken und Aktivitäten in all seiner Einsamkeit und Häßlickeit, leider vergebens Verständnis für sein Verhalten und seine Situation suchend. Geister und übernatürliche Magie ersetzt dieser 1818 publizierte Horrorroman durch ein ungewöhnlich menschliches, intelligentes Monster und das Ambiente von Wissenschaft. Verschiedene Perspektiven zu moralischen Konsequenzen ergeben sich aus der Erschaffung eines künstlichen Menschen, wenn sich die Folgen nicht absehen lassen können, was dem Roman auch nach heutigen Maßstäben viel Tiefe gibt. Auch die psychologische Deutung des Geschehens wird angerissen. Ist das Wissensdurst, wenn der Mensch Gott spielt? Wie entsteht das Böse? Der Horror liegt hier in der Wissenschaft, die so weit geht, dass sich das Menschengemachte in unerwartet negativer Weise verselbstständigt. Interessante Gedankenansätze!