Rezension

Der Ehrgeiz der Eltern

Adlerschanze - Ingrid Zellner

Adlerschanze
von Ingrid Zellner

Bewertet mit 5 Sternen

„...Wenn überhaupt, dann sind es eher die Eltern, die sich aufregen. Das ist wie in der Schule: wenn wir früher eine schlechte Note geschrieben haben, dann haben unser Eltern uns ausgeschimpft […] Und heute rücken sie stattdessen dem Lehrer auf die Pelle...“

 

Kriminalkommissar Surendra Sinha aus Friedrichshafen hält sich in Hinterzarten auf, weil seine Mutter dort in einer Klinik liegt. Gleichzeitig wird in wenigen Tagen im Ort das Sommerskispringen stattfinden. Surendra gehört zu der handvoll Besucher, die sich für das Springen nicht interessieren. Doch dann ist er gerade vor Ort, als zwei englische Schwestern ein totes junges Mädchen finden. Für die Aufklärung des Mordes sind die Freiburger Kollegen zuständig.

Die Autorin hat einen fesselnden und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Neben den Mordermittlungen darf ich Surendra ins Krankenhaus zu seiner Mutter begleiten. Außerdem erfahre eine Menge über den Skizirkus und darüber, wie ein Sommerskispringen funktioniert.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Surendra fällt durch seine große Empathie auf. Er findet bei Gesprächen immer die richtigen Worte. Bei seinem Dialogen mit er Mutter allerdings muss man wohl ein paar Abstriche machen. Das liegt aber nicht in erster Linie an ihm. Sein ehemaliger Kollege formuliert seine Charakteristik so:

 

„...Deine Empathie ist deine größte Stärke – und zugleich deine größte Schwäche […] Du kannst dich in Menschen hineinfühlen, das ist eine gute Gabe für einen Kommissar – solange er ermittelt...“

 

Eigentlich will sich Surendra heraushalten, doch ab und an ergibt sich ein Gespräch. Seine Ergebnisse bringt er postwendend im Kommissariat vorbei. Bei der Gelegenheit erfahre ich dann auch, warum Kommissarin Michaela Lux anfangs deutlich ihre Abneigung gegenüber Surendra spüren ließ.

Moira ist die Freundin eines der hoffnungsvollsten Nachwuchsskispringer gewesen. Im Gespräch von Surendra mit dem Trainer wird deutlich, wie schwierig es ist, jedem die gleiche Chance zu geben und wie die Tagesform dabei zu berücksichtigen ist. Das obige Zitat stammt vom Trainer. Außerdem kommt ein alter, bisher unaufgeklärter Fall zur Sprache, der für einen der Sportler das endgültige Aus bedeutete. Er erlebte die folgende Aussage hautnah:

 

„...Es gibt keine Höhen, wenn dazwischen nicht auch Täler liegen...“

 

Moira, die Tote, hatte sich viele Feinde gemacht. Dementsprechend schwierig gestaltet sich der Fall. Außerdem hat ihr Tod Folgen für das Springen. Der Trainer will es nicht verantworten, unter dieser Belastung ihren Freund springen zu lassen.

Zu den stilistischen Höhepunkten gehört für mich der Dialog zwischen Surendra und seinem ehemaligen Kollegen. Es zeigt auf, welche Gefahren der Beruf in sich birgt. Amüsant dagegen sind die Gespräche zwischen Sohn und Mutter. Das hat mehrere Gründe.

Im Nachwort legt die Autorin klar, was Fiktion und was Realität ist.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.