Rezension

Der Weg der Veränderung

Kings of Nowhere - T. J. Forrester

Kings of Nowhere
von T. J. Forrester

Bewertet mit 5 Sternen

Der Apalachian Trail, ein Fernwanderweg  von ca. 3500 km im Osten der USA ist Schauplatz der Geschichte. Taz, ein ehemaliger Drogendealer, der nach einem Jahr Gefängnis wieder auf freiem Fuß ist, will sein Leben ändern. Im Knast hat er mehrere Bücher über den Apalachian Trail gelesen und sich in den Kopf gesetzt, den ganzen Trail abzuwandern. In der Hoffnung, sich auf dem Wochen dauernden Marsch zu verändern, einen klaren Kopf zu bekommen und den Drogen endgültig zu entsagen. Unterwegs trifft er auf viele ganz unterschiedliche Personen, mehr oder weniger skurrile und verkrachte Existenzen. Man trifft sich, plaudert, geht ein Stück zusammen und verliert sich wieder aus den Augen, weil einige nur eine Teilstrecke abwandern und nicht alle Tru-Hiker sind, die den kompletten Trail wandern. Nur Richard und Simone wollen den kompletten Trail abwandern und  begleiten ihn eine größere Strecke, sie werden zu Freunden. Richard, ein Typ mit indianischen Wurzeln, der im Reifenhandel arbeitet und seine Arbeit haßt, hat ein Alkoholproblem, das er versucht, durch das Wandern in den Griff zu bekommen. Simone, die den Trail mit ihrem Verlobten beginnt, trennt sich nach wenigen Tagen von ihm um alleine weiterzuwandern. Sie hat ein ganz spezielles Problem. Schon seit ihrer Kindheit verspürt sie den Drang, Menschen von Klippen oder Höhen hinabzustoßen. Ein Schubs, und ihr Problem ist gelöst. Schon zweimal hat sie ihrem Drang nachgegeben...
 
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Taz, der in seinen Kapiteln als Ich-Erzähler auftritt. Nach und nach erfährt man viel aus seiner Vergangenheit, der schweren Kindheit mit dem Vater, der tablettensüchtig war und der Mutter, die die Familie irgendwann verlassen hat. Seine Karriere als Junkie und seine Beziehung zu Roxy, die genauso wie er drogenabhängig ist und ihr Geld für den nächsten Schuss als Prostituierte verdient. Taz kommt sympathisch rüber, man merkt, dass er fest entschlossen ist, sich zu ändern, endgültig von den Drogen wegzukommen und ein geregeltes Leben anfangen möchte. Den Versuchungen, die ihn nach dem Knast erwarten, gibt er nicht nach. Von Richard und Simone erfährt man nicht ganz so viel, aber genug, um sie einschätzen zu können. Auch Richard möchte in seinem Leben etwas ändern, hat aber noch nicht den Biss oder die Kraft dazu. Simone wandert, erwartet aber nicht wirklich, dass sie ihr Problem dadurch lösen kann.
 
Neben den drei Protagonisten gibt es mehrere Episoden, die von Personen handeln, die nur indirekt mit dem Apalachian Trail zu tun haben. Z. B. die schon ältere Leona, die früher den Trail in Schuss hielt, dafür sorgte, dass sich die Natur nicht wieder des Wegs bemächtigte. Die Kapitel wechseln die Perspektive, so dass die Story dadurch abwechslungsreich ist, man kann die Gedanken eines jeden der drei aus seiner Sicht gut nachvollziehen. Besonders gefallen hat mir der Schreibstil des Autors, der sehr direkt ist und nichts beschönigt, sondern die Dinge beim Namen nennt. Er ist anspruchsvoll und lässt sich trotzdem flüssig lesen. Immer mal wieder gibt es ganz spezielle Situationen in denen ich dachte " das kann ja wohl nicht wahr sein" und die Aktion der Protagonisten nicht nachvollziehen konnte.

Man wird bei dieser Geschichte sehr nachdenklich und kann an einigen Stellen nur spekulieren, was genau geschah. Der Autor lässt genug Raum, damit man sich seine eigenen Gedanken machen kann. Der Apalachian Trail ist stellenweise schön beschrieben, das Buch lebt aber von der Handlung, den Erinnerungen und den schrägen Charakteren.
 
Fazit: Wer Geschichten mit schrulligen, eigenwilligen Charakteren liebt kommt hier voll auf seine Kosten.