Rezension

Der Welt nicht mehr verbunden

Der Welt nicht mehr verbunden - Johann Hari

Der Welt nicht mehr verbunden
von Johann Hari

Bewertet mit 5 Sternen

Johann Hari leidet, seit er ein Teenager ist, unter Depressionen. Bei einem Arztbesuch bekommt er mitgeteilt, dass er unter einem chemischem Ungleichgewicht leiden würde, welches er mit Hilfe von Antidepressiva aufheben könnte. Hari nimmt das Rezept dankend an und eilt zur nächsten Apotheke, um sich die Pillen zu besorgen. Im Laufe der Jahre lässt die Wirkung jedoch immer wieder nach und die Dosis muss erhöht werden. Obwohl er oft weiterhin Momente tiefer Traurigkeit erlebt, ist er überzeugt, diese Medikamente würden ihm tatsächlich helfen. Erst nach über einem Jahrzehnt zweifelt er an der Wirksamkeit und begibt sich auf einer Reise, um mehr über das Thema Depressionen und deren Lösungen zu erfahren.

Hari unterhielt sich über einem längeren Zeitraum mit vielen verschiedenen Menschen, darunter Wissenschaftler und Betroffene. Als er davon erfahren hat, dass Antidepressiva sehr vielen Menschen, wie ihm auch selber, nicht in Wirklichkeit helfen, kann er dies zunächst nicht richtig glauben. Nachdem er von einzelnen unabhängigen Forschern wissenschaftliche Beweise bekommt, dass die Pharmaindustrie die ihnen nicht passenden Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit vorenthält und die veröffentlichen Studien zum Teil verfälscht, ist er auf der Suche nach anderen Lösungen.
Bei seiner Reise ist er auf neun möglichen Ursachen für Depressionen und Angst gestoßen, die er einzeln vorstellt. Manche waren mir schon bekannt oder zumindest nicht ganz fremd, wobei es gut für mich war, dass er diese noch einmal verdeutlicht und in mein Bewusstsein gebracht hat. Andere Ursachen haben mich jedoch überrascht. Hari bezieht sich immer wieder auf wissenschaftliche Studien, welche er mit Fußnoten verzieht. Dies ist sehr gut für den Leser, der sich mit einzelnen Arbeiten und Themen auseinandersetzen will. Im zweiten Teil des Buches geht er auf Lösungsansätze für die jeweils möglichen Ursachen ein. Diese Ideen fand ich gut und werde selber versuche, die ein oder andere ,so weit es geht, umzusetzen.
Der Schreibstil war flüssig und auch für Laien gut verständlich. Dadurch, dass Hari selber unter Depressionen leidet, war eine Verbindung zum Leser von Anfang an vorhanden und man hatte deshalb das Gefühl, dass er Einer von ihnen ist und keiner, der von oben auf sie herabschaut.

Diese Buch hat viele neue Erkenntnisse für mich beinhaltet und "bekanntes" Wissen verdeutlicht und im Kopf verankert. Das Lesen hat sich auf jeden Fall gelohnt. Ich würde es nicht nur Betroffenen empfehlen, sondern allen, die sich für das Thema interessieren und ihre Mitmenschen (egal, ob depressive Freunde/Verwandte oder "gesunde" Menschen) besser verstehen wollen und mit ihnen in Verbindung treten möchte.