Rezension

Die blaue Schachtel

Ein simpler Eingriff -

Ein simpler Eingriff
von Yael Inokai

Bewertet mit 4 Sternen

In ihrem Beruf als Krankenschwester ist Meret zufrieden. Sie betreut die Patientinnen, für deren Leiden der Doktor eine neue Operationsmethode entwickelt hat. Es handelt sich um einen Eingriff am Gehirn, mit dem überbordende Gefühle oder abweichendes Verhalten gedämpft werden sollen. Merets Assistenz bei den Operationen ist wichtig, da die Patientinnen wach bleiben müssen. Und nun kommt eine herausgehobene Patientin ins Krankenhaus. Marianne, die von der Wut geplagt wird, entstammt einer wohlhabenden Familie, was sich für die Forschungen des Doktors als wichtig erweisen könnte. Zu Meret findet Marianne schnell eine Verbindung. Die Gegenwart der Krankenschwester scheint die Angst zu nehmen.

 

Wenn man durch die Longlist des Deutschen Buchpreises 2022 scrollt, fällt einem bei diesem Buch sofort das berührendeTitelbild von einer Krankenschwester vor einem Gebäude auf. Sie wirkt kontemplativ und etwas einsam. Zum Inhalt des Buches hätte das Bild kaum besser gewählt werden können. Auch Merets Geschichte berührt. Von einer Krankenschwester, die ihren Aufgaben nachkommt wie es ihr gesagt wird, entwickelt sie sich zu einer Persönlichkeit, die anfängt Fragen zu stellen und die der Liebe begegnet. Nicht ganz klar wird, wann die Erzählung spielt. Vielleicht sollte man sich mit Vermutungen zurückhalten, es wird jedoch nach dem zweiten Weltkrieg sein.

 

Dieser ansprechende Roman versteht es zu fesseln und regt gleichzeitig zum Nachdenken an. Es scheint eine Zeit gewesen zu sein, in der den Frauen noch bestimmte Rollen zugewiesen wurden, von denen sie kaum abweichen durften. Meret fügt sich zunächst mit Freude darein. Als Mitglied einer besonderen Abteilung genießt sie ein gewisses Privileg und sie genießt es wirklich. Doch sie beginnt zu zweifeln und mit dem Zweifel beginnt die Veränderung, die auch Schwierigkeiten bringt. Beim Lesen kann man Merets Weg sehr gut nachvollziehen, auch wenn Einiges im Ungewissen bleibt. Während der gesamten Lektüre bleibt man gefesselt, von der Entwicklung, die Meret durchmacht, wie sie immer mehr zu sich selbst und ihren Überzeugungen steht. Die Zukunft mag erst sacht im Nebel auftauchen, doch sie sollte einen Schritt vorwärts bezeugen.