Rezension

Die Farben des Himmels

Der Himmel über Bay City -

Der Himmel über Bay City
von Catherine Mavrikakis

Bewertet mit 2 Sternen

Der Himmel über Bay City – Catherine Mavrikakis

Dieser Roman hat mich tatsächlich an meine Grenzen gebracht. Dabei ist es so nett anzuschauen mit dem Himmel in altrosa auf dem Cover. Auch der Titel ließ mich an eine nette Geschichte denken. Und so stolperte ich unbedarft in dieses doch recht spezielle Werk.

Die Schwestern Denise und Babette lassen 1960 die Heimat Europa hinter sich und wagen einen Neuanfang in Bay City. Beide bekommen je ein Kind. Eines davon ist Amy, unsere Protagonistin, die diese haarsträubende Geschichte erzählt.

Grundsätzlich war ich von der sehr eindringlichen Schreibweise erst einmal fasziniert, im zweiten Teil dann irritiert, schlussendlich aber nur noch abgestoßen und schockiert. War ich Anfangs noch versucht, anzunehmen Frau Mavrikakis hätte möglicherweise eine sehr besondere, literarisch hochwertige Art zu schreiben, musste ich das aber auch wieder verwerfen.

Es ist nicht ganz einfach zu beschreiben, worum es hier eigentlich geht. Das liegt daran, dass die Grenzen zwischen Wahrheit und Wahn immer mehr verschwimmen. Aber ich will es versuchen: Amy hat eine sehr schwierige Kindheit, denn die Mutter scheint unfähig zu sein, sie zu lieben. Im Gegenteil macht sie täglich deutlich, wie unerwünscht und ungeliebt Amy ist. Ein zutiefst unglückliches Kind ist die logische Folge. Es gibt unzählige Szenen, die schwer zu ertragen sind. Insbesondere auch durch eine seltsam unbeteiligte Erzählstimme. Auch eine starke Todessehnsucht wird schon früh deutlich. Der Grund für die Unfähigkeit zu lieben, liegt in der Vergangenheit der Mutter. Denise und Babette sind die Töchter, Jüdinnen, der in Auschwitz umgekommenen Großeltern. Dies ist ein riesengroßes Thema in diesem Roman. Tod, Judenverfolgung, Feuer, Religion. Die Szenen sind teilweise brutal und abstoßend. Vor allem aber ist es immer wieder das gleiche. Es ist absolut wahnhaft. Es ist unheimlich bedrückend.

„Man kann den Menschenstaub, der sich mit der Luft vermischt und das ganze Jahrhundert vergiftet hat, nicht ausgraben. Noch immer atmen wir die sterblichen Überreste meiner Eltern, meiner Onkel, meiner Tanten, die vom Wind herbeigeweht werden. Seit über 50 Jahren atmen wir unsere Toten ein, sie dringen durch Nase, Lunge, durch sämtliche Poren unserer Haut.“ Seite 67

Amys Geisteszustand scheint sich immer weiter zu verschlechtern, es ist furchtbar. Wobei ich an etlichen Punkten einfach nicht mehr wusste, was Realität ist und was nicht. Es ist furchtbar deprimierend. Amys Mutter hat ihr Trauma nie überwunden und deshalb wird auch sie selbst niemals darüber hinwegkommen. Dabei ist Amy in Amerika geboren, hat die umgekommenen Großeltern nie kennengelernt. Wie kann das sein?

Der Schreibstil ist einerseits sehr distanziert, wirkt beinahe gleichgültig. Doch vielleicht gerade dadurch ist er sehr provozierend. Es ist als würde die Autorin, oder Amy, Anklage erheben gegen die ganze Welt nach dem Motto: wie kann irgendwer jemals wieder glücklich sein, nach allem was passiert ist? Sicherlich ein wichtiges Thema, vielleicht wurde dafür hier aber die falsche Form gewählt.

Wer sich bis zu diesem Punkt noch nicht abgeschreckt fühlt, dem möchte ich nur noch folgendes mitgeben. Es wird schließlich auch noch esoterisch.

Am Ende war ich sehr froh, das Buch zuklappen zu dürfen. Eine wirklich schwierige Lektüre und meiner Meinung nach auch nicht gelungen. 2 Sterne.