Rezension

Die ideale Schullektüre über ein aktuelles Thema

Ich blogg dich weg!
von Agnes Hammer

*Worum geht's?*
Eigentlich ist Julie beliebt. Sie ist eine talentierte Sängerin, die mit ihrer Band auf den Festen ihrer Schule spielt und jeden begeistert. Doch plötzlich bekommt sie gemeine Mails mit fiesen Beleidigungen und schrecklichen Drohungen. Jemand hat es auf sie abgesehen. Julie bekommt Angst, aber die Mails sind noch harmlos im Vergleich zu dem gefakten Profil, das man von ihr im Internet erstellt hat und das sie als arrogante und egoistische Zicke darstellt. Bereits nach kurzer Zeit machen sich nicht nur ihre Schulkameraden, sondern auch Fremde online über sie lustig. Julie weiß nicht, was sie tun soll. Als endlich ein kleiner Hoffnungsschimmer auftaucht, der Julie für kurze Zeit Mut macht, eskaliert die Situation endgültig...

*Kaufgrund:*
"Ich blogg dich weg" fand zufällig seinen Weg zu mir. Ungeplant und ohne allzu große Erwartungen, dafür aber umso gespannter, begann ich mit dem Lesen.

*Meine Meinung:*
In ihrem Buch "Ich blogg dich weg" greift Autorin Agnes Hammer ein heikles Thema auf, über das Jugendliche heutzutage unbedingt sprechen und aufgeklärt werden müssen: das Cyber-Mobbing. Fiese Attacken auf einzelne Schüler(gruppen) werden längst nicht mehr nur im Klassenzimmer und auf dem Pausenhof ausgetragen. Im Zeitalter des Internets ziehen Mobbing-Attacken mittlerweile viel größere Kreise - mit schwerwiegenderen Folgen für das Opfer, als sich die Täter meist vorstellen können. Auch Julie, die Protagonistin von Hammers Roman, leidet unter Mobbing-Attacken im Netz.

Agnes Hammer erzählt die Handlung in vielen kurzen Kapiteln und aus verschiedenen Perspektiven. Sie lässt jeden Charakter, der in "Ich blogg dich weg" eine größere Rolle spielt, seinen eigenen Teil zur Geschichte beitragen, indem sie einen Einblick in seine eigenen Gedanken und Gefühle ermöglicht.

Besonders bei Julie sind ihr diese Einblicke sehr gut gelungen. Anfangs noch eine recht selbstbewusste junge Frau, spürt man mit jedem ihrer Kapitel, wie Julie bricht. Die Mobbing-Attacken zerstören ihre Persönlichkeit, lassen sie an sich selbst zweifeln und machen aus der talentierten Sängerin ein verängstigtes Mädchen. Ihre Psyche leidet sehr unter dem emotionalen Stress und Julie wird sogar von Furcht erregenden Albträumen geplagt. Man erlebt mit, wie ein Mensch systematisch kaputt gemacht wird und was dabei in ihm selbst abläuft. Agnes Hammer beschreibt das Thema erschreckend realistisch und trifft ihre Leser damit nicht nur hautnah, sondern direkt unter der Haut.

Agnes Hammer hat sich für ihr Buch ein Opfer herausgesucht, das nicht zum üblichen Mobbing-Kreis gehört. Denn Julie ist keine Außenseiterin auf ihrer Schule, sondern ein beliebtes und talentiertes Mädchen. Hiermit konnte die Autorin einige Pluspunkte bei mir sammeln, denn sie zeigt, dass es absolut jeden treffen kann und heutzutage niemand mehr sicher vor Mobbing-Attacken ist.

Die Perspektiven der anderen Charaktere betrachtet man instinktiv aus einem sehr distanzierten Blickwinkel. Jeder von ihnen könnte der Täter sein. Aber wer von ihnen hat ein Motiv? Und wer ist außerdem so abgebrüht und gemein, dass er es nicht nur bei fiesen Lästereien lässt, sondern so gezielt und eiskalt vorgeht? Jeden einzelnen Satz der anderen Figuren liest man mit einem bitteren Beigeschmack, stets den Gedanken im Hinterkopf, dass er oder sie hinter dem Cyber-Mobbing stecken könnte...

Es gibt unter den Nebencharakteren allerdings nicht nur potenzielle (Mit-)Täter, sondern auch besorgte Freunde, die auf Julies Seite stehen und sie unterstützen. Agnes Hammer zeigt ihren Lesern nicht nur, was in den Köpfen eines "Mobbers" vorgehen könnte, sondern auch, was man selbst tun kann, um jemanden in einer solchen Situation zu helfen.

Obwohl "Ich blogg dich weg" eine ideale Schullektüre zum Thema Cyber-Mobbing darstellt und das Problem aus unterschiedlichen Sichtweisen beleuchtet, habe ich ein paar Kritikpunkte, über die ich nicht hinwegsehen kann. Agnes Hammer lastet einigen ihrer Figuren schwerwiegende Probleme auf, die sie nur anschneidet und nicht näher thematisiert (z.B. Alkoholismus eines Elternteils). Hier hätte die Geschichte ein paar Seiten mehr gut vertragen können. Außerdem hat mich die Auflösung der Geschichte nicht überzeugt. Das lag allerdings nicht einmal an dem Täter, dem man schon lange Zeit vorher auf die Schliche kommen konnte, sondern an der Art, wie die Geschichte beendet wird, denn nach der letzten Seite bleibt einiges recht offen. Was für Lehrer ideal ist, da sie so weiteren Diskussionsstoff bekommen, ist für "private" Leser etwas frustrierend.

*Cover:*
Schlicht, aber auffällig. Mit großen Lettern sticht der aggressive Titel des Buches sofort ins Auge und macht einen neugierig darauf, was für eine Geschichte hinter ihm stecken mag.

*Fazit:*
"Ich blogg dich weg" von Agnes Hammer stellt für Jugendliche zwischen (etwa) 13 und 16 Jahren die ideale Schullektüre zum gefährlichen Thema Cyber-Mobbing dar. Die Autorin beschränkt sich dabei nicht nur auf den Blickwinkel des Opfers. Sie zeigt auch, was in den Köpfen der Täter vorgeht und wie Außenstehende damit umgehen. Agnes Hammer hat sich in ihrem Buch intensiv mit Cyber-Mobbing auseinandergesetzt und großartige Aufklärungsarbeit geleistet. Leider kamen dadurch einige Nebenthemen und -charaktere etwas zu kurz.
"Ich blogg dich weg" ist definitiv eines jener Bücher, das im Unterricht gelesen und besprochen werden sollte. Für einen kleinen Preis bekommt man tiefe Einblicke, die einem die Augen öffnen. Ich vergebe schwache 4 Sterne.