Rezension

Die Spannung kam zum Schluss

Nordsee-Nacht - Hannah Häffner

Nordsee-Nacht
von Hannah Häffner

Bewertet mit 3 Sternen

»Friederike.« Sie flüsterte erst, dann rief sie lauter: »Friederike.« Ihre Kehle war so furchtbar eng. Sie bekam keine Luft, und in ihrem Kopf summte es wie verrückt, aber sie musste rufen. »Friederike!« Sie schrie jetzt.

Wenn ein Kind verschwindet, dann ist das ein furchtbares Unglück und so mancher, der einen solchen Verlust erlebte, wird nie wieder froh. Genau darum dreht sich das zentrale Thema des Buchs.

 

Im Jahr 1987 verschwindet die sechsjährige Friederike, ein ruhiges und ernsthaftes Kind, aus einem Zeltlager. Obwohl Kommissar Ulrich Wedeland und sein Team sich in die Suche richtig hineinknien, können sie das Mädchen nicht finden. Irgendwann wird die Akte geschlossen. Viele der Beteiligten können damit jedoch nicht leben. Die Betreuerin Sascha, eine junge Frau, leidet besonders, da Friederike während ihrer Nachtwache verschwand. Der Leser verfolgt intensiv Selbstvorwürfe, Phasen der Depression und des Versagensgefühls, die Ermittler, Betreuer und Mitglieder der Suchtrupps quälen.

Dieser Abschnitt des Buchs ist thematisch interessant und, wie erwähnt, intensiv geschildert. Allerdings zieht er sich über mehr als 160 Seiten – und das empfand ich als deutlich zu lang und die Lektüre wurde trotz aller Dramatik zeitweise ermüdend.

 

Der zweite Teil des Buchs spielt im Jahr 2012. Eine unbekannte Frau mit Gedächtnisverlust wird genau an dem Strandabschnitt, an dem 25 Jahre zuvor das kleine Mädchen verschwand, bewusstlos aufgefunden. Natürlich werden gleich Überlegungen laut, ob die Unbekannte vielleicht Friederike sein könnte. Das Alter würde passen. Wedeland und Sascha, die beide nie zur Ruhe kommen konnten, hoffen nun endlich mit dem Fall abschließen zu können.

Dieser zweite Teil fesselte mich wesentlich mehr. Zwar wird zunächst die deprimierte Stimmung der Charaktere fortgeführt und deutlich gezeigt, wie sich Friederikes Verschwinden auf ihr ganzes Leben ausgewirkt hat, doch als ich schon fürchtete, dass sich dies bis zum Ende durchziehen würde, kam plötzlich Spannung auf. Am Ende stand dann eine interessante und gut gemachte Auflösung, die mich ein wenig versöhnte.

 

Fazit: Eine dramatische Ausgangslage wird leider zu langatmig ausgewalzt. Da braucht man Geduld, wird dafür mit einer spannenden und gelungenen Auflösung belohnt.