Rezension

Hohe Erwartungen konnten nicht erfüllt werden

Nordsee-Nacht - Hannah Häffner

Nordsee-Nacht
von Hannah Häffner

Bewertet mit 3 Sternen

Während einer Ferienfreizeit in einem kleinen Dorf an der Nordsee verschwindet fast unbemerkt ein kleines Mädchen. Die Betreuer machen sich Vorwürfe und die Polizei rätselt, ist die kleine Friederike entführt worden, hat sie sich einfach nur verlaufen oder ist sie abgehauen? Aufgrund mangelnder Spuren kann der Fall nicht aufgeklärt werden und wird bald zu den Akten gelegt. Traumatisch und schwer zu verkraften für die Familie, aber auch für eine junge Betreuerin, die sich schwere Vorwürfe macht. 25 Jahre später wird eine unbekannte Frau an den Strand gespült, die sich nicht an ihre Identität erinnern kann, handelt es sich womöglich um die damals vermisste Friederike?

Die Geschichte hat mich sofort neugierig gemacht und ich hatte hohe Erwartungen an einen spannenden Cold Case, der durch neue Ermittler und aktuellere Technik bei der Beweismittelanalyse endlich aufgeklärt werden kann. Leider wurden meine Erwartungen nicht erfüllt.

Das Buch ist in zwei Abschnitte aufgeteilt, der erste spielt während der Zeit des Zeltlagers und der zweite 25 Jahre später. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir sehr leicht. Die Personen sind gut beschrieben, als Leser lernt man die wichtigsten Charaktere auch relativ gut kennen, ihre Eigenschaften und auch ihre Gedanken. Situationen werden detailliert geschildert, sodass man sich gut in die damalige Zeit hinein versetzen und sich ein eigenes Bild machen kann. Obwohl die ermittelnden Polizisten motiviert sind und einige Verdächtige identifiziert werden, geraten die Ermittlungen schnell ins Stocken. Wirkliche Spannung wird kaum aufgebaut. Positiv aufgefallen sind mir jedoch die Perspektivwechsel, die das Lesen abwechslungsreich gestalten und dazu führen, dass man die Personen noch genauer kennenlernt.

Dann erfolgt der Zeitsprung und man befindt sich im gleichen Ort wie damals, nur 25 Jahre später. Mir ist der Einstieg in eine völlig neue Situation nicht so leicht gefallen wie im ersten Abschnitt. Es kommen plötzlich viele neue Personen hinzu, die man nicht kennt und einschätzen kann, ob und was für eine Rolle sie für die Geschichte spielen. Auch der Zusammenhang und der Bezug zum ersten Teil sind schwierig herzustellen. Deshalb kam mir der zweite Teil erstmal etwas fremd vor. Auch die Schilderung der Personen und ihrer Emotionen schien mir im ersten Abschnitt detailreicher und besser nachvollziehbar. Die Geschichte der unbekannten Frau wird kaum thematisiert, stattdessen steht wieder Friederike im Fokus. Am Ende gibt es lediglich eine kurze Aufklärung, wer die Fremde ist, das finde ich nicht besonders gelungen. Spannung wird kaum aufgebaut und wirkliche polizeiliche Ermittlung findet kaum noch statt.

Insgesamt finde ich es unglücklich, dass beide Teile etwa gleich umfangreich sind. Entweder sollte der Schwerpunkt der Ermittlungen auf die Zeit unmittelbar nach dem Verschwinden gelegt werden oder auf den Zeitraum 25 Jahre später, wo in Form von Rückblicken Schritt für Schritt ans Licht kommt, was damals passiert ist. Das hätte dem Buch vielleicht etwas mehr Spannung verliehen und man hätte sich besser in die Personen hinein versetzen können.