Rezension

Du sollst nicht töten

Du sollst nicht töten - Andreas Schmidt

Du sollst nicht töten
von Andreas Schmidt

hr kennt das doch sicherlich. Es gibt ein Genre, zu dem man einfach um jedwede Jahreszeit ein Buch lesen kann. Bei mir sind das ganz klar spannende Thriller und Krimigeschichten. Kein Wunder also, dass ich mich direkt darum beworben habe, den Titel Du sollst nicht töten von Andreas Schmidt zu lesen.

Um ehrlich zu sein, ist es für mich nicht immer ganz einfach, einen deutschen Titel zu lieben. Wieso das so ist und warum genau dieses Buch es geschafft hat, mich zu besänftigen, möchte ich euch in meinem heutigen Review mit euch bequatschen. Nun denn. Legen wir doch gleich direkt los, oder?

Wie so oft beginnt auch diese Geschichte damit, dass ein zunächst nicht näher nachvollziehbarer Mord geschieht. Mit Informationen über den Täter wird reichlich gespart und schon in der darauffolgenden Szene sieht man sich mit der vermeintlichen Protagonistin konfrontiert. Geplagt von einem tristen Alltag und einem Dasein als scheinbar unglücklichen Single sieht man hier sogleich ein typisches Klischee erfüllt. In kurzen und prägnanten Sätzen wird man regelrecht mit Informationen über die Person beworfen und hat so direkt die Möglichkeit, sie in die Kiste sympathisch oder eher nicht so einzuordnen. Klischee leider deshalb, da die Hauptpersonen meist entweder penibel und fürchterlich unerträglich mit ihrem ach so perfekten Leben scheinen – oder weil es sonst doch eher ins Gegenteil und damit zu einem Charakter umschlägt, der sich doch eigentlich mehr vom Leben erhofft. Was aber natürlich bloß ein offenes Geheimnis seitens des Autors bleibt.

Ganz zu Beginn allerdings findet sich ein störender Logikfehler, der mich in meinem Lesefluss dann doch stark irritiert und unterbricht.

Es schien die alte Dame nicht zu stören, dass sich trotz der späten Stunde schon eine Schlange an Susannes Kasse gebildet hatte. In aller Ruhe suchte sie nach dem Kleingeld in ihrer Geldbörse.

Wir befinden uns nach wie vor im zweiten Kapitel. Die vermeintliche Protagonistin kehrt aus den Gedanken an die leere Wohnung, die später auf sie warten wird, zu uns in die Realität zurück. Noch im darauffolgenden Absatz wird davon erzählt, wie sich der nächste Kund vor ihr aufbaut. Auf der nächsten Seite dann der dicke Fauxpas.

Hinter ihm stand kein weiterer Kunde, der sie belauschen könnte, und auch der Marktleiter war bereits vor Stunden in seinem Büro verschwunden. Sie waren ungestört.

Dies ist mitunter einer der Hauptpunkte, weshalb es für mich so schwierig ist, mich auf die Titel deutscher Autoren einzulassen. Oft gibt es keine Korrekturleser, die noch einmal alles überprüfen und Fehler aufzeigen. Von falsch oder gar nicht gesetzten Beistrichen spreche ich gar nicht, denn darüber lässt sich bekanntlich auch streiten. Außerdem drücke ich dafür gerne alle Augen zu, die ich dafür aufbringen kann, wenn denn die Handlung dementsprechend mitreißend ist.

Nein, solche Dinge erschweren einem den Genuss dann ja doch ziemlich. Vor allem, da es in so einem kurzen Abstand geschieht und nicht etwa über hunderte von Seiten hinweg.

Mein zweites Problem, das ich oft mit Büchern aus dem deutschsprachigen Raum habe, ist, dass sich die Autoren stets so sehr auf die kleinen Ortschaften oder oftmals auch die Städte einschießen, in welchen die Handlung spielt. Es spricht natürlich absolut nichts dagegen, wenn Details einfließen und dadurch der Flair auch aus der Geschichte auf den Leser übergeht. Ihn gefangen nimmt, sodass dieser denkt, er ist selbst schon mittendrin. Aber oftmals kommen dann plötzlich irgendwelche lokalen Eigenheiten dazu, wie etwa Worte aus einem bestimmten Dialekt oder Ortschaften, die dort quasi einen eigenen Spitznamen haben – ganz, ohne das vorher oder auch nachher näher zu erklären.

Als jemand, der dort nicht wohnt, fühlt man sich hier direkt einmal vor den Kopf gestoßen. Es ist, als ob man einen kleinen lokale Groschenroman aus dem Kiosk liest. Jene Zeiten sind allerdings vorbei und vor allem mit den heutigen Möglichkeiten durch etwa ebooks sollten auch jene Autoren langsam mit auf das Pferd steigen und das, was sie ihrem Publikum erzählen möchten  auch wirklich für alle spürbar machen.

Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich mir selbst die Daumen drücke, dass dies hier nicht der Fall ist. Denn Herr Schmidt hat einen gewissen Charme beim Schreiben, den er dem Leser durchaus zu vermitteln weiß. Ich möchte mir das nur ungern durch so etwas versauen lassen.

Gut. Gleich nach jenem Kapitel bekommen wir die Ehre, einen Kriminalbeamten mitsamt ein paar knackigen Hintergrundinfos vorgestellt zu bekommen und dann geht es schon los. Ein Straßenname nach dem anderen wird genannt. Nicht zu vergessen die zum Teil abgekürzten Bezeichnungen für die umliegenden Gebäude und Umschreibungen von Gebäudesituationen, die für einen dort ansässigen Leser mit Sicherheit mehr Begeisterung erfahren werden. Zumal ich mir sicher bin, damit eine peinlich genaue Straßenkarte von zumindest jenem Gebiet wiedergeben zu können.

Je weiter man im Buch vorankommt, desto klarer wird es, dass sich der Mordfall vermutlich noch binnen Stunden lösen wird. Und noch im ersten Viertel des Buches erfährt der Leser schließlich, wer der Täter ist. Natürlich, noch während ihm die Kriminalbeamten dicht an den Fersen hängen…

Mit unwichtigen Kleinigkeiten hält sich der Autor hier nicht auf. Gut, bei 194 Seiten kann man sich mit der Liebe zum Detail auch  nicht unbedingt ausleben. Es geht Schlag auf Schlag, die Handlung überschlägt sich förmlich und irgendwann hat man dann nur mehr das Gefühl, eher ein Drehbuch, als einen Roman in den Händen zu halten. Nicht zuletzt, weil man sich Geschehnisse und Ortswechsel kaum mehr auf der Zunge zergehen lassen kann. Im weiteren Verlauf des Buches zeigt sich immer deutlicher, dass der Autor bewusst diesen Stil gewählt hat. Es ist seine Art, Spannung einzubauen und den Leser am Ball zu halten.

Schließlich ein genialer Wendepunkt. Hat man bis dahin noch darum gebangt, dass die Handlung voraussehbar sein wird, geschieht etwas, das der Leser womöglich nicht erwartet hat. Ich will allerdings nicht näher darauf eingehen, was genau geschehen ist, denn ich möchte keinem etwas vorweg nehmen.

Wir befinden uns mittlerweile in der Mitte des Titels und ich muss ehrlich zugeben, verwirrt zu sein. Und zwar diesbezüglich, wer nun eine Haupt- und wer eine Nebenperson darstellt. Im Prinzip tut es auch gar nichts weiter zur Sache, so hat der Leser die Möglichkeit, sich auf einen Charakter zu fixieren, der ihm beliebt – oder eben auch nicht. Mir persönlich wird im weiteren Verlauf die Kommissarin immer unsympathischer. Ich bin mir wohlgemerkt nicht sicher, ob das so gewollt ist… Ihre Aussagen sind oftmals von Verständnislosigkeit geprägt, die nicht zu einer Ermittlerin passen und eher von einer frustrierten Hausfrau kommen sollten.

Und nun eine interessante Draufgabe; plötzlich tauchen zwei neue Personen auf, aus deren Sichtweise man nun lesen darf. Ob das für den Verlauf nun wichtig ist, sei erst einmal dahingestellt. Jedenfalls wage ich zu bezweifeln, dass man dadurch etwas mehr Detailtiefe erfahren darf.

Letzten Endes bleibt mir das Fazit, dass sich bei der Aufklärung der Morde plötzlich alles zu überschlagen beginnt. Es ist ein netter Titel, durchaus mit einem gewissen Witz geschrieben, aber mit all seiner Kürze schafft er es dennoch nicht, mich am Ball zu halten, sodass ich ihn zwischenzeitlich immer wieder getrost weglegen konnte.