Rezension

düstere, bedrohliche, atmosphärisch dichte Stimmung

Brixton Hill - Zoë Beck

Brixton Hill
von Zoë Beck

Bewertet mit 4.5 Sternen

Was für ein raffinierter, vielschichtiger Thriller. Die Bedrohung, die in diesem Fall von einer unsichtbaren Gefahr ausgeht, ist brilliant umgesetzt. Sie spielt exakt mit den Ängsten, die viele spüren, die in virtuellen Welten unterwegs sind.

Em gerät schnell in den Verdacht, die Gebäudetechnik manipuliert zu haben, was letztendlich eine Kette fataler Ereignisse in Gang setzte. Kurz nach dem Anschlag schrieb sie einen Tweet auf Twitter, dadurch geriet sie in die Schusslinie.
Twitter spielt generell eine entscheidende Rolle in diesem Thriller – Em kommuniziert sehr viel über dieses Medium und erhielt nach dem Anschlag auch dort Botschaften, die sie nicht einordnen konnte.

Zoë Beck versteht es perfekt, eine düstere, bedrohliche, atmosphärisch dichte Stimmung zu erschaffen. Als Leser ahnt man zu keiner Zeit, wem man im Labyrinth aus Lügen und Täuschung trauen kann und darf.

Genau so erging es Em, die durch die Verdächtigungen auf sich allein gestellt war und durch ihre Impulsivität unüberlegt handelte. Zwar kreuzten einzelne Personen ihren Weg, helfen musste sie sich letztendlich aber immer alleine.
Gelegentlich wollte ich ins Buch springen und sie zurückhalten, damit sie sich nicht in weitere Schwierigkeiten bringen konnte. Aber nein, ich musste untätig einem wahren Katz- und Mausspiel zuschauen. Em wirkte wie eine Maus, die in ihrer Todesangst auf dem Präsentierteller kopflos reagiert, während die Täterkatze anonym aus dem Hinterhalt zuschlägt. Mir wurde ebenso Angst und Bange, weil diese Bedrohungssituation sehr real ist und jeden von uns treffen könnte. Gegen Täter, die im Hintergrund wie Schachspieler agieren und ihre Opfer vor sich hertreiben, erscheinen wir alle machtlos.

Ebenso kam London als Schauplatz dieses Thrillers nicht zu kurz. Eine sehr bildhafte Sprache versetzte mich immer wieder an die verschiedenen Orte und Stadtteile innerhalb Londons, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Gentrifizierung ist eins der elementaren Schlagworte, die London in diesem Thriller charakterisieren – der Strukturwandel, der Menschen aus ihrem geliebten Heim vertreibt und ihnen damit ein Stück Identität raubt. Diese Sozialkritik ist nicht dezent, aber sie überlagert den Thriller nicht. Mir hat gerade das sehr gut gefallen, denn so wird das Bild der Stadt deutlich authentischer.

Auch 50 Seiten vor Schluss war jedes Ende denkbar. Zoë Beck hat es tatsächlich geschafft, die Hintergründe durchgehend nebulös und die Spannung sehr, sehr hoch zu halten.

Insgesamt schafft es Zoë Beck in ihrem Thriller “Brixton Hill”, eine Mischung aus moderner Technik, den ureigenen Ängsten des Menschen und Sozialkritik mit einer Handlung zu füllen, die die Nerven bis zum Zerreißen anspannt. Für mich ist Brixton Hill der bisher beste Thriller von Zoë Beck!