Rezension

Ein Bestsellerautor beschreibt seinen mühsamen Weg zum Erfolg, seine vielen Fehlschläge und Drogenmissbrauch, nachdem das große Geld kommt.

Das Leben und das Schreiben - Stephen King

Das Leben und das Schreiben
von Stephen King

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein Mutmacher und Trostspender für angehende Schriftsteller

Ewig im Erinnerung geblieben ist mir der rostige Nagel in der Dachboden-Stube, an den Stephen King, ein ewig und drei Tage erfolgloser Schriftsteller die Absagen von Literaturagenten spießte. Es war ein großer Nagel, der viele Schreiben aufnehmen musste.

Heutzutage trudeln E-Mail-Absagen im Stil von "Vielen Dank für Ihr Schreiben und die Vorstellung Ihres Buchprojekts, das wir mit viel Interesse geprüft haben. Im Rahmen der Tätigkeit unserer Agentur sehen wir aber leider keine Möglichkeit der erfolgreichen Vertretung für Ihr Werk." ein, bei mir und vielen anderen deutschsprachigen , die sich um eine Literaturagentur bemühen - wobei es hierzulande kaum Literaturagenten gibt, die ansprechbar sind. Zu sehr ist die deutsche Verlagsbranche durch Fusionen konzentriert, setzt man gerade in Corona-Zeiten auf bewährte Stammautoren und Übersetzungen von Erfolgsliteratur aus dem viel größeren englischsprachigen Buchmarkt.

Vollkommen uneitel und ehrlich beschreibt Stephen King dann jene Zeit, nachdem sich ein Literaturagent seiner erbarmt hatte und gleich noch Kontakte zur Filmbranche vermittelte, woraufhin die Tantiemen nur so sprudelten. Die Folge: ein Abgleiten in Alkohol und Kokain und andere Drogen, um das fieberhafte Schreiben zu unterstützen, bis hin zum körperlichen und psychischen Absturz.

Bei den anonymen Alkoholikern ist Stephen King seitdem gut aufgehoben - nicht nur, um seine Sucht unter Kontrolle zu halten, sondern auch als Inspirationsquelle für die schrägen Typen am Rande der Gesellschaft, die er in seinen Romanen. Der grandiose Anfang von "Mr. Mercedes", in dem eine Ansammlung von Obdachlosen im kalten Morgengrauen stundenlang vor einer Suppenküche warte, nur um dass von einem Mercedesfahrer brutal überrollt zu werden. sei hier als Beispiel genannt.

So offen, wie Stephen King bei der Schilderung seiner eignen Biografie ist, so sehr misstraue ich seinen geschilderten literarischen Techniken. Er gilt als einer der wenigen Protagonisten des so genannten "entdeckenden Schreibens", einer Technik, bei welcher der Autor kaum weiß, was als nächstes in seinem Roman passiert, und sich ganz dem Schreibfluss hingibt.

Dies mag auf jene seiner voluminösen Werke zutreffen, die er als etablierter Erfolgsschriftsteller verfasste, oft weit über Tausend Seiten dick, weitschweifig und stellenweise langweilig. Da hatte er schon eine Fangemeinde - auch aufgrund der erfolgreichen Romanverfilmungen - die alles und jedes verschlingen, was der Bestsellerautor auf den markt wirft.

Jedoch wird Stephen King so nicht angefangen haben. Er studierte Literatur, war Englischlehrer, ist seit seinen jungen Jahren mit einer Literatin verheiratet, die seine beste Kritikerin ist und seine Werke stets wachsam begleitete. Doch was er in "Das Leben und das Schreiben" vollkommen verschweigt (anders kann ich es nicht ausdrücken) ist das überaus notwendige Überarbeiten.

Von Hemingway ist der Spruch "Die erste Entwurf ist immer Mist!" überliefert. Die große Frage, sie sich bei Stephen Kings Roman stellt: Wie hat der Bestsellerautor seine eigenen Werke überarbeitet,welche Techniken hat er dabei angewendet, welche Lektoren unterstützten ihn dabei?